Die Baselworld, die größte Uhrenmesse der Welt, wirft 2016 gleich zu Beginn einige Fragen auf.
Anlässlich der Auftakt-Pressekonferenz wurden überwiegend positive Töne angeschlagen und optimistische Aussichten für den Geschäftsverlauf in 2016 gezeichnet.
Beides entspricht wohl nicht ganz der Realität, sondern hier scheint vielmehr der Wunsch der Vater des Gedanken zu sein.
Die bereits in 2015 sinkenden Umsätze und damit Gewinnmargen finden in 2016 leider ihre Fortsetzung. Woher die Verantwortlichen dennoch ihren Optimismus nehmen, erschließt sich nicht nur uns nicht. Als Gründe für das nicht mehr ganz rund laufende Geschäft sind vielfältiger Natur, werden aber nur zu gerne am erstarkten Schweizer Franken sowie der nachlassenden Nachfrage in Fernost, allen voran China, festgemacht. Dass zuvor jährliche Steigerungsraten im soliden zweistelligen Bereich fast schon zur Normalität erklärt wurden, lässt die Landung jetzt umso härter werden.
Die Frage nach etwaigen Auswirkungen seitens der stärker um sich greifenden Smartwatches werden dabei nahezu unisono als nicht relevant angesehen und argumentiert. Muss ja auch so sein, sonst müssten schließlich Fehler oder Fehleinschätzungen eingestanden werden und wer tut das schon gerne. Insofern also auch nicht verwunderlich, dass dieses Thema im Rahmen der Pressekonferenz mit keiner Silbe erwähnt wurde.
Das Thema auszusitzen oder zu glauben, es beträfe die Premium-Hersteller nicht, sondern nur den Volumenmarkt funktioniert aber leider nicht. Apple wird in 2016 – so signalisieren es zahlreiche Vorausberechnungen und Prognosen – zum umsatzstärksten Uhrenhersteller vor Rolex und Omega aufsteigen. Und leider, so zeigen es immer mehr Bilder von hochkarätigen Messen, öffentlichen Auftritten, oder auch Bilder aus Flugzeugen, die überwiegend mit Geschäftsreisenden besetzt sind, die Apple Watch findet mehr und mehr den Weg an das Handgelenk von erfolgreichen Personen fast aller Altersgruppen, die zuvor wohl kaum eine preiswerte Modeuhr am Handgelenk trugen. Das heißt, die Rolex oder IWC bleibt zu Hause, vermutlich auf dem Uhrenbeweger oder im Safe.
Im Bild: Salon d´Auto Genf 2016, Präsentation des neuen Flaggschiffs von BMW
Im vergrößerten Bild: Unverkennbar die Apple Watch in der teuren Ausführung mit Edelstahlgehäuse und Milanaiseband am Handgelenk
Wenngleich sich die Stimmung und die Diskussionen auf der Baselworld auch nicht sichtbar um die Smartwatch drehte und die Messeleitung auch alles unterließ, dieses Thema prominenter zu platzieren, so fand der interessierte und fachkundige Besucher doch vielfältige Möglichkeiten, sich beim ein oder anderen Hersteller über dessen Aktivitäten auf jenem Gebiet zu informieren. Wir fassen zusammen und geben einen Überblick:
TAG HEUER
Der derzeit wohl bekannteste Hersteller klassischer Uhren im Premium-Bereich, der sich deutlich sichtbar und sehr progressiv mit dem Thema befasst, ist TAG Heuer.
Die im letzten Jahr auf der Baselworld 2015 angekündigte TAG Heuer Connected ist mittlerweile Realität und kam noch rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft 2015 in den Handel, getreu dem Motto von TAG Heuer: „Dont´t Crack under Pressure!“
Allen Unkenrufen zum Trotz legte die TAG Heuer Connected einen fulminanten Start hin und die Nachfrage übertraf die Erwartungen um ein Mehrfaches. Das große Interesse der bei der Pressekonferenz anwesenden Journalisten zum Thema bestätigt das ebenfalls.
Im Bild: Jean-Claude Biver, CEO von TAG Heuer, erklärt die Funktionen der TAG Heuer Connected den zahlreich anwesenden Journalisten höchstpersönlich.
TAG Heuer legt nun nach und wird die Produktionskapazitäten entsprechend anpassen. Dazu gehört auch die Ausweitung der Kollektion um ein etwas kleineres Modell sowie weitere Gehäuse- und Bändervarianten.
Die Produktion dieser sich zum meistverkauften TAG Heuer Modell entwickelnden Smartwatch wird künftig durch TAG Heuer selbst in La Chaux de Fond erfolgen. Die Verlagerung der Fertigung in die eigenen Räumlichkeiten soll noch in diesem Jahr erfolgen. Damit baut sich TAG Heuer entscheidende Elektronik-Kompetenz auf.
Um dem Besucher die Bedeutung der Smartwatch im Allgemeinen und der TAG Heuer Connected im Besonderen vor Augen zu führen, wurde gleich nach dem Betreten der prominenten Halle 1 vor dem TAG Heuer Messestand ein Tableau installiert, an dem 14 Smartwatches montiert und ausgestellt sind und an denen sich der Besucher ganz ungezwungen und völlig entgegen der sonstigen Gepflogenheit, alles nur in Vitrinen und hinter Glas zu präsentieren, selbst Hand anlegen und die mannigfaltigen Funktionen durchspielen kann.
Das ist professionelles und dem Zeitgeist entsprechendes Marketing. In besagter Halle 1 gibt es ansonsten zum Thema nicht sehr viel zu erkunden.
TISSOT
Die Ankündigung, Tissot würde eine Smartwatch lancieren, muss insofern relativiert werden, als es sich bei dem Modell um eine weiterentwickelte T-Touch mit erweitertem Funktionsspektrum handelt.
Die T-Touch ein Erfolgsmodell von Tissot wird nun um eine Bluetooth-Anbindung erweitert über die erstmals ein Austausch von Daten zwischen Smartphone und Uhr möglich sein wird. Der Funktionsumfang entspricht nicht dem der Wettbewerber, ein unmittelbarer Vergleich ist somit schwierig. Hierzu bedarf es dringend weiterführender Informationen. Die Swatchgroup verhält sich in diesem rasant wachsenden Markt bedauerlicherweise immer noch zugeknöpft und zurückhaltend, den Erfolg fahren derweil andere ein.
CASIO
Dem Thema ganz und gar nicht abgeneigt ist hingegen Casio.
Die bereits im Vorjahr präsentierte Serie Casio Edifice EQB-500 und ECB-500 erhält weiteren Familienzuwachs.
Diesmal steht die globale Anzeige der Weltzeit an beliebigen Punkten auf dem Globus im Fokus.
Dazu zeigt die neue Casio EQB-600D dann nicht nur die Zeit in der angewählten Zeitzone an, sondern bildet auf einer drehbaren Erdkugel auch deren geografische Position ab.
Mit der ebenfalls neuen WSD-F10 geht Casio aber noch einen Schritt weiter und bedient nun auch das Segment der Smartwatches mit Display.
Das kompromisslos für den Outdoor-Einsatz konzipierte neue Modell (erfüllt die US-Militär-Norm MIL-STD-810) wurde erstmals auf der diesjährigen CES in Las Vergas der Weltöffentlichkeit vorgestellt. Die bis 50 m wasserdichte WSD-F10 besitzt eine Reihe von Sensoren, die u.a. das Messen des Luftdrucks, der Höhe sowie der Himmelsrichtung (oder Geschwindigkeit) ermöglichen. Darüber hinaus verfügt die Uhr über ein innovatives Zwei-Schichten Display (Dual-Layer-LC-Display), was dazu beiträgt, den Stromverbrauch bei der bloßen Anzeige der Uhrzeit zu reduzieren und damit für eine deutlich verlängerte Betriebsdauer sorgt.
Aber auch die Damen sollen künftig in den Genuss der Bluetooth-Technologie kommen. Die Marke „Sheen“, unter der Casio eine Kollektion eleganter Damenuhren aufgespannt hat, bringt mit dem Modell SHB-100 nun erstmals eine Connected Watch auf den Markt, die sich als solche aber nicht zu erkennen gibt und das elegante Äußere einer konventionellen Uhr behält.
Der Schwerpunkt an Zusatzfunktionen liegt hierbei auf eine Koppelung von Uhrzeit und Datum mit dem Smartphone sowie einer zweiten Zeitzone. Daneben ist noch ein Phone-Finder integriert. Auch die SHB-100 wird mittels Solarzelle dauerhaft mit Energie versorgt.
CITIZEN
Die zweite große japanische Marke Citizen übt sich in Bezug auf Connected Watches noch in Zurückhaltung.
Zwar befindet sich das Modell Citizen ECO-Drive Proximity bereits auf dem Markt, ist in Europa jedoch (noch) nicht erhältlich und arbeitet aktuell auch nur mit dem iPhone von Apple zusammen. Aus Gesprächen konnten wir jedoch mitnehmen, dass Citizen das Thema weiter vorantreiben wird. Dies dürfte weniger eine Frage der Kompetenz, sondern mehr strategischer Natur sein.
de GRISIGONO
Der in Genf beheimatete Hersteller von extravagantem Schmuck “de GRISOGONO” wurde 1993 gegründet und hat sich weltweit einen Namen als Spezialist für Schwarze Diamanten gemacht.
De GRISOGONO hat denn auch einige extravagante Schmuckuhren im Portfolio und geht nun einen großen Schritt nach vorne, indem in Zusammenarbeit mit Samsung eine exklusive Smartwatch entstand, die Samsung Gear S2 de GRISOGONO.
Während das Modell technisch weitgehend einer normalen Samsung Gear S2 entspricht, verändert de GRISOGONO das Design der Gear S2 so sehr, dass man auf den ersten Blick nicht mehr erkennt, dass es sich um die Gear S2 von Samsung handelt. Auch die diversen Watchfaces wurden dem exklusiven Charakter der Smartwatch angepasst. Auf dem schwarzen Gehäuse aus Edelstahl befindet sich die digitale Drehlünette, mit 56 weißen und 71 schwarzen Diamanten. Die weißen Steine haben zusammen 1,2 Karat, die schwarzen 1,8 Karat.
Das Armband der Luxus-Smartwatch besteht aus dem für de GRISOGONO typischen Galuchat Leder.
Mit einem Preis von knapp unter 15.000 EUR ist das ein klares Commitment an all jene unter den oberen Zehntausend, die ebenfalls nach einer Smartwatch verlangen.
Frederique Constant
Deutlich weniger spektakulär, aber nicht weniger mutig, Frederique Constant, ebenfalls in Genf beheimatet, hat bereits zur Baselworld 2015 die sog. Horological Smartwatch der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Uhr gibt sich optisch nicht als Smartwatch zu erkennen, da sie ohne Display auskommt und alle Anzeigen analog über Zeiger bewerkstelligt. Neben der Koppelung von Zeit und Datum mit dem Smartphone, ist es im wesentlichen der hochentwickelte integrierte Fitnesstracker, der die Uhr funktional von einer konventionellen Uhr unterscheidet und einen echten Mehrwert generiert. Frederique Constant zeigt sich mit dem bisherigen Verkaufserfolg zufrieden.
GUESS
Guess, ein Hersteller, der mehr dem Fashion-Bereich zuzuordnen ist, hat ebenfalls bereits im letzten Jahr eine Smartwatch Watch lanciert.
Auch hier stand und steht der Anspruch im Vordergrund, das Ganze so dezent wie möglich zu verpacken und den optischen Anspruch so weit wie möglich nicht zu beeinträchtigen. Um dennoch eine möglichst große Funktionsvielfalt zu ermöglichen, hat sich Guess – in Zusammenarbeit mit dem Spezialisten Martian – zur Integration eines kleinen, dabei aber unauffälligen Displays entschieden.
Als nächsten Schritt stellt Guess, speziell für Damen, nun betont stylisch gehaltene und deutlich flacher bauende Modelle, ganz ohne Display vor.
Die smarten Funktionen werden bei diesem Modell über kleine im vorderen Teil des Gehäuses befindliche LED´s angezeigt.
FOSSIL
Ebenfalls in den USA zu Hause: FOSSIL, die auch in Europa bekannte und beliebte Fashion-Marke. Jetzt mit neuem European Headquarter in Basel, vereint FOSSIL, neben seinem eigenen Brand, eine Vielzahl weiterer Marken unter einem Dach.
Mit stilvollem Shuttle-Service wurden die Gäste von der Messe abgeholt und zurück gebracht.
Die verschiedenen Marken werden mit großer Sorgfalt gepflegt und perfekt gegeneinander abgegrenzt und präsentiert.
Im Bild: Markenauftritt „FOSSIL“
Im Bild: Markenauftritt „TORY BURCH“ Swiss Made
Im Bereich Connected und Smartwatches drückt die Fossil Group mächtig aufs Tempo. Seit der Akquisition von MISFIT, dem Spezialisten für Aktivity-Tracker, nimmt das ganze Vorhaben so richtig Fahrt auf. Neben den weiterentwickelten Produkten von MISFIT fließt eine Menge Know-How in die FOSSIL-eigenen Produkte und jene der FOSSIL-Group ein.
Im Bild: Markenauftritt von „MISFIT“
Im Bild: Stylisher MISFIT Activity-Tracker der neuesten Generation
FOSSIL selbst stellte die zweite Generation von Uhren der Q-Serie in unterschiedlichen Designs vor. Diese sollen in der zweiten Jahreshälfte verfügbar sein. Im Unterschied zur Q-Grant, bei der mittels seitlich angeordneter farbig leuchtender LED´s dem Nutzer Informationen ans Handgelenk übermittelt werden, erfolgt dies bei der neuen Generation mittels analoger Anzeige in einem kleinen Totalisator auf dem Zifferblatt. Der Zeiger dort zeigt für gewöhnlich den täglichen Aktivitätsstatus an. Geht auf dem Smartphone jedoch beispielsweise eine Mitteilung, oder Anruf ein, oder ist ein Termin fällig, so erfolgt eine haptische Meldung mittels Vibration und der Zeiger springt auf das entsprechend beschriftete Feld.
Und für die Herren die sportlichen Modelle.
Michael Kors
Eine eigene Pressekonferenz hielt schließlich das Management der zur FOSSIL-Group gehörenden Marke „Michael Kors“ ab.
Auch hier das zentrale Thema, die neue Smartwatch, die unter dem Titel „Michael Kors Access“ den geladenen Gästen und Journalisten vorgestellt wurde.
Nicht nur der Markenchef von Michael Kors und sein Entwicklungsleiter, auch der VP von Google, verantwortlich für das Betriebssystem Android Wear waren mit von der Partie.
Die neue Smartwatch mit Display auf Basis Android Wear wurde mit klarer Zielgruppenorientierung entwickelt und präsentiert.
Dazu werden dann unterschiedliche Designs und natürlich eine Vielzahl passender Watchfaces verfügbar sein.
Die FOSSIL Group wird nach eigenen Angaben in 2016 über 100 neue Modelle an Smart- und Connected Watches sowie sonstige Wearables auf den Markt bringen und dazu auch die Point of Sales (POS) entsprechend neu gestalten.
Mondaine
Ein Schweizer Uhrenhersteller, der das Thema etwas verhaltener, dabei aber nicht weniger dynamisch angeht, ist Mondaine. Im Zeichen der Bahnhofsuhr machte sich das Unternehmen bereits in der Vergangenheit zahlreiche Gedanken dem Kunden im Zeitalter der Digitalisierung ebenfalls etwas Innovatives anbieten zu können.
Bereits zur letzten Baselworld im Jahr 2015 hatte Mondaine die Helvetica 1 Smartwatch vorgestellt. Die mit der Technik von Motion X (ähnlich Frederique Constant) ausgestattete smarte Watch zeichnet die täglichen Aktivitäten auf und überträgt diese via Bluetooth an das Smartphone.
Nicht weniger smart als Daten zwischen Uhr und Smartphone auszutauschen, ist die in Europa noch recht neue Form des sog. kontaklosen Bezahlens.
In zahlreichen Kreditkarten sind entsprechende Chips bereits integriert, um an den neuen Kartenterminals bei Tankstellen, Supermärkten, etc. mittels bloßem Berühren einer Antenne den Bezahlvorgang auszulösen; rasch und unkompliziert. Mondaine hat zusammen mit einer Schweizer Bank einen Chip entwickelt, der nurmehr die Größe einer normalen SIM-Karte besitzt und in eine im Armband der Uhr integrierte Tasche eingesteckt wird. Damit ist die Kreditkarte jederzeit verfügbar und kann weder vergessen noch verloren gehen, sofern sich die Uhr am Arm befindet, was ja zumeist der Fall sein wird.
Bulgari
Bulgari, wie TAG Heuer zum LVMH-Konzern gehörend, hatte im vergangenen Jahr eine Uhr präsentiert, die mittels einem integrierten codierbaren Chip den Zugang zu zutrittsbeschränkten Bereichen ermöglicht. Damit sollten sich z.B. Ausweise in Firmen oder elektronische Schlüssel für Fahrzeuge ersetzen lassen.
In diesem Jahr hat Bulgari ähnlich, wie schon zuvor bei Mondaine beschrieben, einen Chip mit Bezahlfunktion in eine hochwertige mechanische Uhr integriert. Das Modell Diagono Magnesium ist mit einem Manufakturkaliber ausgestattet und wird über den integrierten Mastercard-Chip zur mobilen Immer-Dabei Kreditkarte. Erhältlich ab Ende des Jahres zum Preis von etwas unter 5000 EURO.
Revue Thommen
Revue Thommen, ein Name, der in den letzten Jahren nicht mehr so sehr im Fokus stand, macht mit einem Smart Strap wieder auf sich aufmerksam.
Ähnlich der Lösung von Mondaine, das Armband als Träger zusätzlicher Funktionen zu nutzen, hat Revue Thommen ein Uhrenarmband entwickelt, welches eine Elektronik in sich trägt, die über allerlei nützliche Zusatzfunktionen verfügt. Neben einem integrierten Fitness-Tracker sollen auch Notifications per Vibration übertragen werden. Eine optische Anzeige fehlt allerdings.
NIXON
Der weitere Weg durch die Welt der intelligenten Uhren auf der Baselworld 2016 führt uns zu Nixon.
Das in den USA beheimatete Unternehmen hat zusammen mit Qualcomm, dem Spezialisten von Mikroprozessoren für Mobile Devices schlechthin, eine Smartwatch auf Basis Android Wear entwickelt, die ähnlich jener von Casio für erschwerte Outdoor Aktivitäten konzipiert wurde.
Anders als das Modell von Casio soll die Nixon Smartwatch gar bis 10 atm wasserdicht sein.
SOPROD
Der zur Festina Group gehörende Werkehersteller SOPROD hat sich durch die mit Breitling gemeinsam betriebene Entwicklung der Breitling Connected B55 in Sachen Bluetooth Connectivity und intelligenter Ansteuerung von Schrittmotoren in Uhrwerken vom allgemeinen Mainstream normaler Quartzwerke deutlich entfernt und agiert in diesem Bereich derzeit praktisch ohne Wettbewerb.
SOPROD hat ein modulares Werkekonzept entwickelt, mittels dem bei unterschiedlicher Anordnung und Ansteuerung von Schrittmotore eine Vielzahl zusätzlicher Funktionen analog zur Anzeige gebracht werden können.
Die neueste Entwicklung sieht vor, über auf dem Zifferblatt befindliche Symbole, die von einem durch einen Schrittmotor angetriebenen Zeiger angefahren werden, dem Nutzer mitzuteilen, welche Art einer Mitteilung oder eines Ereignisses auf dem Smartphone gerade eingegangen ist.
Die Übertragung und Anzeige der Information per Bluetooth LE erfolgt in diskreter Form und eröffnet zudem die Möglichkeit einer attraktiven Zifferblattgestaltung. Über eine App auf dem Smartphone kann der Nutzer festlegen, über welche Ereignisse er in Kenntnis gesetzt werden möchte. Über das Datumsfenster kann ferner angezeigt werden, wie viele ungelesene oder unbearbeitete Nachrichten sich auf dem Smartphone befinden.
Auf die Frage, bei welchen Herstellern denn das neue Konzept Verwendung finden wird, erhielten wir (noch) keine belastbaren Antwort. Wir interpretieren den Gesprächsinhalt jedoch so, dass eine Erstanwendung im Verbund der Festina Group erfolgen könnte, was wäre naheliegender?
SINN
Last but not least haben wir SINN Spezialuhren aus Frankfurt in Sachen Smartwatch besucht und befragt.
SINN nähert sich dem Thema in einer völlig anderen Form und überlässt die Elektronik- und Softwarekompetenz jener Firma, die die aktuelle Nummer eins unter den Smartwatches verkörpert: Apple
Dabei beschreitet SINN aber nicht den Weg, die konventionelle Uhr durch eine Apple Watch zu ersetzen. Nein, vielmehr werden beide auf einfache Weise miteinander kombiniert. Also ähnlich Montblanc (jener Hersteller, der das E-Strap mit Elektronik auf der Unterseite des Handgelenks auf den Markt brachte), ohne jedoch wie dieser eine riskante und kostspielige Eigenentwicklung auflegen zu müssen.
Damit das Ganze zusammenfindet, wurde ein Bandsystem entwickelt, welches es ermöglicht, eine hochwertige mechanische Uhr aus dem Hause SINN mit der 38mm Variante der Apple Watch zu kombinieren. Die Details zu dieser innovativen Lösung sind in einem ausführlichen Beitrag auf dem Blog Deutsche-Uhrmacher zu finden.
SINN hat damit eine klare Antwort auf die Frage gefunden: Hochwertige mechanische Uhr oder Smartwatch? Beides ist möglich! Dabei ist der Tragekomfort überraschend gut. Insofern können jetzt all diejenigen aufatmen, die schon Sorge hatten, ihre liebgewonnene SINN womöglich gegen eine Apple-Watch eintauschen zu müssen, nur weil die neuartigen Funktionen genutzt werden möchten. Die Lösung, so verblüffend einfach sie auch sein mag, ist übrigens urheberrechtlich geschützt.
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Welche Schlüsse lassen sich nun aus den zahlreichen Gesprächen, Pressekonferenzen und vorgelegten Neuheiten ziehen? Das Thema Smartwatches ist schon viel weiter fortgeschritten als es die Offiziellen der Branche zugeben möchten. Es herrscht bereits eine große Bandbreite unterschiedlicher Technologien und Funktionsinhalte vor. Erfreulich dabei ist, dass nicht nur die Hersteller aus der Elektronik und IT-Branche das Thema für sich entdeckt haben. Spätestens seit Apple mit dem Erscheinen seiner Apple Watch viele Diskussionen ausgelöst hat, sind manche Nachzügler mit Erfolg auf den schon fahrenden Zug aufgesprungen.
Wie sagte Jean-Claude Biver anlässlich der Pressekonferenz bei TAG Heuer so treffend: Nur diejenigen, die den Mut haben, das Thema aktiv anzugehen, werden reicher an Erfahrung und können daraus die für das eigene Unternehmen richtigen und wichtigen Schlüsse ziehen.
Jene, welche lediglich als Beobachter am Bahnsteig stehen, werden womöglich irgendwann einmal den Anschluss verpassen und das Nachsehen haben. Wie groß die Substitutionsquote durch Smart- und Connected Watches auch immer sein mag, fest steht, dass nennenswertes Wachstum in den althergebrachten Bereichen traditioneller Uhren wohl der Vergangenheit angehören dürfte. Der Markt ist volatil wie schon lange nicht mehr und der harte Verdrängungswettbewerb hat längst eingesetzt. Für jene Unternehmen, die sich mit Investitionen, die primär der Erweiterung ihrer Kapazitäten dienen, weit aus dem Fenster gelehnt haben, könnte es eng werden.
Zudem wächst eine Generation heran, für die das Smartphone und alle damit verbundenen Vor- und Nachteile zum festen Bestandteil geworden ist. Das Streben nach Besitz und Luxus steht dabei nicht mehr so sehr im Vordergrund. Ob diese Generation noch je mit der uns heute zueignen Begeisterung nach einem Manufakturkaliber fragen wird, dürfte ebenso fraglich sein. Zwar werden mechanische Uhren zweifellos weiterhin ihre Fangemeinde haben, aber Qualität und faires Preis-/Leistungsverhältnis werden wichtiger denn je werden.
Neue Felder und damit Umsätze lassen sich aber wohl nur über die neuen Technologien erschließen und generieren. Einige der von uns besuchten Aussteller machen es bereits mit Bravour vor und berichten von einer insgesamt positiven Entwicklung und Nachfrage.
Der Autor:
Herr Dipl.-Ing. (FH) Patrick Weigert ist als Geschäftsführer einer Unternehmensberatungsgesellschaft u.a. für die Automobil- und Luxusgüterindustrie tätig und beobachtet und analysiert als Mitbegründer und Gesellschafter beim Deutschen Uhrenportal die Entwicklungen und Trends auf dem Sektor für hochwertige Uhren und neue Technologien.
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