web analytics
Blog über Uhren der Premiumhersteller, Unikate und einiges mehr
September 2016: Die Lage bei den Schweizer Uhrenherstellern ist heterogen
September 2016: Die Lage bei den Schweizer Uhrenherstellern ist heterogen

September 2016: Die Lage bei den Schweizer Uhrenherstellern ist heterogen

Die Situation im September 2016

Der am 20.10.2016 veröffentlichte Bericht des Verbandes der Schweizer Uhrenindustrie (La Fédération de l’Horlogérie Suisse ) für den Monat September 2016 zeigt wie schon im Vormonat August einen sich abschwächenden Rückgang der Exporte gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum. Ob damit die erhoffte Trendumkehr bzw. Stabilisierung der Situation auf niedrigerem Niveau erfolgt ist, lässt sich schwerlich vorhersagen, zumal die Entwicklung auf einzelnen Märkten und auch in den einzelnen Preissegmenten volatil und mit entsprechend starken Schwankungen verläuft. Das mit dem Monat Oktober beginnende Weihnachtsgeschäft wird zeigen, wie sich die Situation zum Jahresende hin entwickelt.

In Zahlen ausgedrückt heißt dies, dass der Export von Schweizer Uhren im September 2016, verglichen mit dem Vorjahresmonat, um -5,7 % von 1,82 Mrd CHF auf 1,71 Mrd CHF (-110 Mio CHF) zurückging. Der Abwärtstrend schwächt sich damit gegenüber dem Vormonat August zwar weiter ab, gibt aber nach wie vor ein höchst unbefriedigendes Bild ab.

Die einzelnen Märkte verhalten sich, wie bereits in den Vormonaten, in hohem Maße unsymmetrisch und kaum vorhersehbar. Der Markt in Hong Kong ist mittlerweile regelrecht kollabiert (- 39,6%). Dem steht eine leichte Erholung in den USA (+4,7%) sowie ein fulminantes Wachstum im Vereinigten Königreich (+32,4%) gegenüber. Das überrascht gerade vor dem Hintergrund des „Brexit“ und der abnehmenden Kaufkraft des britischen Pfund. Der Zuwachs in den beiden genannten Ländern kompensiert jedoch aufgrund des deutlich geringen Marktvolumens mitnichten die Verluste in Hong Kong. China fängt an sich zu stabilisieren (-0,6%), jedoch sind die Unsicherheiten gerade auf diesem wichtigen Markt nach wie vor sehr hoch. Die Märkte in Italien (-14,5%), Deutschland (-20,5%) und Frankreich (-22,1%) bereiten wenig Freude und fallen weiter stark ab.

 

Die Entwicklung der wichtigsten Absatzmärkte im September 2016

Die wichtigsten Länder mit den größten Handelsvolumina reihen sich wie folgt auf.

 

Länder Mill. CHF Veränderung in % Anteil in %
USA 193,7 +4,7% 11,30%
Hong Kong 187,6 -39,6% 11,00%
Japan 127,8 +8,9% 7,50%
Vereinigtes Königreich 120,6 +32,4% 7,00%
China 108,3 -0,6% 6,30%
Italien 99,0 -14,5% 5,80%
Summe der 6 Länder 837 -9,9% 48,90%

 

Entwicklung auf den TOP 10 Absatzmärkten ab 2014

Erstmalig haben wir zur besseren Übersicht eine Grafik angefertigt, die die Entwicklung der Exporte auf den 10 wichtigsten Absatzmärkten in den Jahren 2014, 2015 und 2016 darstellt. Die Betrachtung bezieht sich jeweils auf den Zeitraum Januar – September der genannten Jahre.

 

Export von Schweizer Uhren im September 2016 > Märkte

 

Der Zusammenbruch des Marktes in Hong Kong seit 2014 ist in der Grafik anschaulich zu erkennen. Damit ist der Markt Hong Kong jetzt wieder auf Höhe der USA angekommen. Der einzige Markt, welcher sich über den Betrachtungszeitraum gesehen verbessern konnte, ist UK (Vereinigtes Königreich).

 

Die Entwicklung des Absatzes in einzelnen Preisgruppen

Die Zahlen für September 2016 (alle Preise in CHF) sind insbesondere dadurch gekennzeichnet, dass einmal mehr teure Uhren aus Edelmetall zu den Verlieren zählen und die Umsätze erneut auf Talfahrt schicken. Stark betroffen davon sind einige Luxusmarken, die besonders unter den Rückgängen zu leiden haben und von den Einbußen in Hong Kong hart getroffen werden. Ebenfalls wieder auf Talfahrt sind Uhren in der Preisklasse 200-500 CHF. Am stabilsten und verlässlichsten entwickelt sich die Preisklasse 500 – 3000 CHF. Hier fallen die monatlichen Schwankungen und Rückgänge geringer aus.

 

Export von Schweizer Uhren im September 2016 > Preiskategorien

 

Die starken Rückgänge in den unteren Preisklassen machen sich auf die Gesamtheit betrachtet zwar weniger in den Umsätzen bemerkbar, sehr wohl jedoch in den produzierten und ausgelieferten Stückzahlen, so dass hier an manchen Stellen bereits Kurzarbeit und Entlassungen sowie bei Zulieferern erste Insolvenzen zu beklagen sind.

Da in den einzelnen Preiskategorien die Umsätze und Stückzahlen zwischen den Monaten hohen Schwankungen ausgesetzt sind und sich so kein klares Bild erzeugen lässt, haben wir die Monate Januar – September subsumiert und erneut ausgewertet.

 

Export von Schweizer Uhren im September 2016 > Umsaetze > Jan-Sept. 2016 in den Preiskategorien

 

Wie in der kumulierten Übersicht gut zu erkennen ist, sind die höchsten Umsatzeinbrüche in der Premiumklasse jenseits der 3000 CHF zu beklagen. Vergleichsweise stabil hält sich, wie zuvor bereits ausgeführt, das Mittelklassesegment 500 – 3000 CHF.

Sehen wir uns zum Vergleich die für den Export ausgelieferten Stückzahlen an, so ergibt sich folgendes Bild. Der Betrachtungszeitraum ist, wie zuvor, Januar – September 2016 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

 

Export von Schweizer Uhren im September 2016 > Stückzahlen > Jan-Sept. 2016 in den Preiskategorien

 

In diesem Bild wird überdeutlich, dass die hohen Umsätzen zwar in der Preiskategorie jenseits der 3000 CHF eingefahren werden, die Uhren- und vor allem auch Zulieferindustrie jedoch eine überproportional hohe Stückzahlabhängigkeit in der Einstiegspreisklasse 0-200 CHF aufweist. Und gerade hier sind massive Rückgänge zu beklagen, die zu einer Minderauslastung der Fabrikationsstätten führen und damit die Fixkostendeckung problematischer werden lässt.

Sehen wir uns abschließend noch den Quotienten aus Stückzahl und Umsatz an, so ergibt sich der durchschnittliche Exportpreis je Kategorie.

 

Export von Schweizer Uhren im September 2016 > Preis > Jan-Sept. 2016 in den Preiskategorien

 

In diesem Schaubild wird sehr deutlich, dass die Musik in der Schweizer Uhrenindustrie im obersten Preissegment spielt. Jedoch sind die Käufer offensichtlich nicht mehr bereit, jeden Preis zu bezahlen, denn der durchschnittliche Preis je verkaufter Uhr in diesem Segment hat sich gegenüber dem Vorjahr um rund 5% reduziert. Das sind nicht Nachlässe, die der Hersteller seinen Abnehmern gewährt; im Gegenteil, der starke Franken hat vielmehr einen Preisanstieg verursacht. Nein, die Käufer greifen vermehrt zu günstigeren Modellen. Es muss nicht immer Gold sein, es darf auch wieder Edelstahl oder Bicolor sein, das belastet Umsatz und Ergebnis.

Das eben Gesagte gilt aber ganz besonders auch für die Preisklasse 200 – 500 CHF. Dort hat sich der durchschnittliche Exportpreis gar um 20% verringert.

 

Zusammenfassung und Einschätzung

Wir haben es mit einer überaus komplexen Gemengelage zu tun. Einerseits lebt die Schweizer Uhrenindustrie nach wie vor gut von ihren Top-Modellen, wenngleich der Käufer auch in dieser Klasse kritischer und zurückhaltender wird und der Markt Hong Kong sich nahezu halbiert hat. Insgesamt wird in dieser Kategorie aber auf hohem Niveau geklagt und es kann insofern auch von einer Beruhigung oder Normalisierung gesprochen werden.

Sehr viel dramatischer ist die Situation jedoch nicht zuletzt dort, wo höhere oder gar hohe Stückzahlen gefragt sind, um Fabriken auszulasten und Investments in Werkzeuge und Produktionsmittel mit profitablen Geschäftsergebnissen zu belegen.

Die wegbrechenden Stückzahlen in der Einstiegsklasse haben andere Ursachen. Hier wildern die neuen smarten Technologien. Und Hersteller wie Apple, FitBit, Garmin, Motorola, Samsung oder neuerdings auch Fossil gehen mit ihren smarten High-Tech Modellen auf Kundenfang. Und wir wundern uns noch immer, dass die Schweizer Hersteller dem nichts Adäquates entgegenzusetzen haben und das rasch wachsende Geschäft einfach anderen überlassen.

Stand 10/2016

 

LINKS:

Ein Kommentar

  1. Pingback: Nick Hayek: „In der Uhrenindustrie gibt es keine Krise“ - Uhren-Blog über Design und Technik

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.