Im wunderschönen Schweizer Ort Luzern besuchten wir im Sommer 2017 das „House of Chronoswiss“ um die „Geburtsstätte“ des 2016 von CHRONOSWISS vorgestellten Flying Regulator – das erste Regulator-Modell mit einem Zifferblatt auf mehreren Ebenen – zu sehen.
Das Unternehmen CHRONOSWISS wurde 1983 – inmitten der Uhrenkrise – vom deutschen Uhrmachermeister Gerd-Rüdiger Lang in München gegründet und war erst in München, später – ab 2006 – in Karlsfeld bei München ansässig. Produzieren ließ Gerd-Rüdiger Lang die Chronoswiss-Zeitmesser zumeist in der Schweiz mit Schweizer Komponenten, daher galten die Uhren als „Swiss Made“.
Kennzeichnend für die Uhren waren unter anderem die Zwiebelkrone, die gerändelte Lünette sowie verschraubte Armbandstege. Später machte sich CHRONOSWISS seinen Namen durch den Régulateur, die erste serienmäßige Armbanduhr mit Regulator-Zifferblatt.
Anfang des Jahres 2012 hat Gerd-Rüdiger Lang CHRONOSWISS an die Schweizer Unternehmerfamilie Oliver und Eva Maria Ebstein, ansässig in Luzern am Vierwaldstätter See, verkauft.
Erwähnenswert ist, dass CHRONOSWISS seit der Gründung durch Herrn Gerd-Rüdiger Lang und auch mit Übernahme durch die Familie Ebstein inhabergeführt ist und sich so seine Unabhängigkeit bewahrt hat.
Im Sommer 2014 öffnete das „House of Chronoswiss“ in Luzern seine Pforten, wo die Produktion auch für Besucher zugänglich ist.
Und genau dort fanden wir uns zu einem Rundgang und ausführlichen Gespräch mit Oliver Ebstein (CEO) und Frau Christina Kast (PR) ein.
Das „House of Chronoswiss“ ist Produktionsstätte, Atelier und Boutique zugleich. Für die Kunden, aber auch für uns, ein sehr schönes Erlebnis. Denn es ist kein Museum, vielmehr eine Tour für die man keinen Guide braucht. Interessierte Gäste können sich via Touch-Screens durch die Firmengeschichte klicken und auch die diversen ausgestellten Exponate aus früheren CHRONOSWISS-Zeiten betrachten.
Was aber für den Uhrenliebhaber sicher ein absolutes Highlight ist: Man kann den Uhrmachern bei der Arbeit quasi über die Schulter schauen.
Die Schauwerkstatt ist gut isoliert und staubfrei. So werden die Mitarbeiter nicht von den Besuchern bei der filigranen Arbeit gestört und es kommen auch keine Staubpartikel zwischen die filigranen und empfindlichen Kleinteile.
In den Ateliers des House of Chronoswiss entstehen kostbare tickende Raritäten und Sammlerstücke. Von Beginn bis zur Vollendung eines Zeitmessers aus der Artist´s Collection im Luzerner Atelier kommen nur traditionelle Methoden, wie beispielsweise das Guillochieren und Emaillieren von Zifferblättern, zum Einsatz.
Und das Kennenlernen dieser zwei Handwerkskünste, Guillochieren und Emaillieren, ist immer wieder ein echtes Erlebnis.
Gearbeitet wird bei CHRONOSWISS zum Teil mit historischen Geräten und Vorrichtungen, welche heute als echte Raritäten gelten. Unter anderem findet sich eine antike Rundzug-Guillochiermaschine aus dem Jahr 1924, die ursprünglich aus dem schweizerischen La-Chaux-des-Fonds stammt.
Aber was bedeutet Guillochieren?
Als Guillochieren bezeichnet man das Gravieren von geometrischen, aus feinen Linien bestehenden Ornamenten in dichtem, aber immer gleichbleibendem Abstand. Besagte Linien werden mit einem von Hand geführten Werkzeug in das Metall geschnitten. Sie geben dem Zifferblatt oder der Platine ein reliefartiges Muster und bewirken – je nach Lichteinfall – unterschiedliche Licht- und Schatteneffekte.
Erfunden wurde das Guillochieren gemäß Überlieferung von einem Franzosen, Herrn Guillot, und dem Deutschen Hans Schwanhardt. Als großer Meister dieser vierhundert Jahre alten Technik galt aber der russische Juwelier Peter Carl Fabergé.
Zum Guillochieren werden seit dem 17. Jahrhundert Guillochiermaschinen, eine auf diesen Zweck spezialisierte Form von Drehbänken, verwendet. In der Deutschen Sprache existieren dazu auch die Begriffe Rund- und Geradzugmaschine (Zug = Guilloche).
Die Kunst des Guillochierens war schon fast in Vergessenheit geraten, erst als teure mechanische Armbanduhren wieder stärker gefragt waren, stieg auch die Nachfrage nach Guillocheuren wieder.
Der Guillocheur bewegt das Werkstück von Hand rund um den Stichel, welcher seine Muster dann von außen nach innen etwa einen Zehntelmillimeter tief auf das Zifferblatt schreibt. Die einzelnen Linien sind nur zwei Zehntelmillimeter dünn, daraus entstehen die filigranen und sehr charakteristischen Ornamente und Verzierungen.
Die Verzierung eines einzelnen Ziffernblattes kann Stunden, mitunter auch Tage dauern. Gold und Silber lassen sich dabei einfacher bearbeiten als Platin. Geht dabei nur ein einziger Schnitt daneben, ist das Werkstück unbrauchbar und die Arbeit fängt von vorne an.
Auch der Druck des Stichels auf das Werkstück wird von Hand ausgeübt und muss stets gleichmäßig sein; eine Handwerkskunst, die ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl aber auch Konzentration erfordert.
Das Ergebnis könnte dann so aussehen:
Aber nicht nur Zifferblätter werden durch die Kunst des Guillochierens verfeinert. Auch Werkteile, Rotoren, Platinen und Brücken können auf diese Weise veredelt werden.
Das Emaillieren
Als nächstes sehen wir uns das Emaillieren, eine Handwerkskunst, die schon seit über 3500 Jahren bekannt ist, im Hause CHRONOSWISS an.
Selbst im „alten Ägypten“ wurde dieses Verfahren schon angewendet. Seit der Erfindung der Taschenuhr wurde diese Technik auch für Zifferblätter genutzt, aber schon bald durch das unkompliziertere und erheblich kostengünstigere Verfahren der Lackierung ersetzt.
Die Herstellung eines emaillierten Zifferblattes dauert mehrere Tage, an denen die verschiedenen Arbeitsgänge mehrfach wiederholt werden müssen. Die größte Herausforderung dabei ist absolute Sauberkeit. Nur so können kleinste Einschlüsse von Schmutz und Staub vermieden werden, welche später die glatte Struktur stören würden.
Emaille ist pulverisiertes Glas, welches durch Einbrennen auf eine Metalloberfläche aufgeschmolzen wird.
Ein zuvor guillochiertes Zifferblatt kann entweder dem Verfahren der Feuer-Email oder der Freien Emailmalerei unterzogen werden.
Das Verfahren der Feuer-Emaille ist extrem zeitaufwendig, da für ein ästhetisch perfektes Farbergebnis sieben Brennvorgänge in einem speziellen Emaille-Ofen erforderlich sind.
Zuerst muss das Emaille-Pulver mehrfach gespült werden, und zwar so oft und so lange, bis eine klare, transparente Farbe entsteht. Erst dann wird das Pulver mit Wasser verrührt und sorgfältig auf das Zifferblatt aufgebracht.
Bei der freien Emailmalerei werden die Emailfarben frei aufgetragen, so dass sie je nach Art des verwendeten Materials mehr oder weniger stark ineinander verlaufen können.
Auch hier sind wieder diverse Brennvorgänge nötig. Zum Schluss wird die Arbeit mit einer farblosen Schutzschicht überzogen.
Die Zifferblätter der Modelle der exklusiven Artist´s Collection werden, wenn alle Schichten gebrannt sind, poliert und anschließend nochmals in die Guillochiermaschine eingespannt. Hier wird nun in das hochempfindliche Emaille der Breguetfaden geschnitten – eine wahre Herausforderung für den Guillocheur und ein krönender Abschluss für diese besondere Uhrenlinie!
Hinsichtlich der von Chronoswiss eingesetzten und verbauten Werke treffen wir auf den ein oder anderen guten Bekannten. Neben bewährten Großserienkalibern aus dem Hause ETA, die aber allesamt aufwendig veredelt und verfeinert werden, treffen wir auch auf Funktionsmodule für zusätzliche Komplikationen, die gemeinsam mit dem Spezialisten Dubois-Dépraz realisiert werden.
Ein Highlight stellt aber immer noch das im Chronoswiss Régulateur Manufacture verbaute Kaliber C.122 dar. Dieses auf Regulatoranzeige umgebaute und mit automatischen Aufzug ausgestattete Werk fußt auf dem historischen Kaliber 165 von Enicar, dessen Konstruktion auf die 1970er Jahre zurückgeht.
Nach diesem Rundgang schauten wir uns noch diverse Modelle von CHRONOSWISS an, wobei wir unser Augenmerk speziell den Modellen der exklusiven Artist´s Collection galt.
So zum Beispiel den Sirius Artist Regulator Jumping Hour; auch dieser vereint die traditionsreichen Handwerkskünste des Emaillierens und Guillochierens. Dieser Regulator ist mit einer besonderen Komplikation, der springenden Stunde, versehen. Hier läuft die Stundenanzeige nicht wie beim „klassischen“ Regulator über ein Hilfszifferblatt, sondern wird digital in einem Fenster dargestellt – was auf den ersten Blick wie ein Datum aussieht.
Das guillochierte Zifferblatt des Grand Regulator ist aus massiven Sterlingsilber (925), die Zeiger sind thermisch gebläut, diamantiert und bombiert; der Minutenzeiger ist von Hand gebogen.
Das Handaufzug-Kaliber C. 673 (auf Basis ETA 6498) weist eine Gangdauer von 46 Stunden auf.
Das im Jahr 2016 lancierte Modell “Flying Regulator Jumping Hour” ist eine 3 D-Version des Regulator Jumping Hour. Über dem Zifferblatt mit charakteristischem Guilloche-Muster erheben sich die Hilfszifferblätter für die kunstvoll auf Sockeln konstruierte Minuterie und die kleine Sekunde. Dank des gewölbten Glases lässt sich diese Dreidimensionalität besonders gut erleben.
Die Handwerkskünste welche bei den diversen Modellen zum Tragen kommen, beeindrucken immer wieder aufs Neue.
Auf diesen Weg nochmals ein “Herzliches Dankeschön” an Herrn Ebstein (CEO) und Frau Christina Kast (PR) und das gesamte Team von Chronoswiss für die Zeit, die wunderbaren Eindrücke und informativen Gespräche.
LINKS:
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- Bilder von CHRONOSWISS in der Galerie „UHRMACHERKUNST“
- Beiträge über CHRONOSWISS im „UHREN-BLOG ÜBER DESIGN UND TECHNIK“
- Webseite von CHRONOSWISS
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