In jedem Jahr erstellt und veröffentlicht das Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz.ch eine Liste der 300 reichsten Personen mit Wohnsitz in der Schweiz. Nun liegt sie vor, die Liste 2016.
Filtert man diese nach den verschiedenen Industriezweigen und extrahiert daraus die Uhrenindustrie, so ergibt sich folgendes Bild der insgesamt 12 reichsten und einflussreichsten Persönlichkeiten der Uhrenbranche. Ein spannendes “Who is Who” um die vordersten Plätze auf dem Parkett.
Johann Rupert – 4,75 Mrd. CHF (Richemont, Tabak)
Ursprünglich als Kaufmann und Bankier gestartet, wandte sich der gebürtige Südafrikaner dem gewinnträchtigen Tabak-Geschäft zu. Heute ist Rupert Mehrheitsaktionär der Groupe Richemont, zu der beispielsweise Marken wie Cartier, Jager Le-Coultre, IWC oder auch A.Lange & Söhne gehören. Sein Vermögen in Höhe von 5,5 Milliarden Franken im Jahr 2015 sank als Folge der schlechten Geschäftsergebnisse in 2016 um rund 20% auf 4,75 Mrd. CHF.
Anlässlich der jüngsten Generalversammlung hat Johann Rupert denn auch Klartext gesprochen und die Konzernergebnisse 2016 als «inakzeptabel» bezeichnet. Der Umsatz sank um 13 Prozent, das Ebit, also der Gewinn, gar um 43 Prozent. Als Reaktion darauf hat Rupert den gesamten Vorstand umgebaut und verschlankt. Als flankierende Maßnahme wurden auch zahlreiche Führungspositionen bei den Tochterunternehmen der Gruppe neu besetzt.
Familie Hayek – 4,25 Mrd. CHF (Swatch Group)
Die Familie Hayek, welche die Swatch Group, unter der Leitung von Nick Hayek, seiner Schwester Nayla und ihrem Sohn Marc, kontrolliert, verzeichnete ebenfalls einen starken Rückgang ihres an den Aktienwert des Unternehmens gekoppelten Vermögens. Ähnlich wie bereits zuvor bei Richemont, sank der Kurs der Swatch-Aktie binnen eines Jahres sogar um rund 25% und reduzierte das Vermögen der Familie von 5,5 Mrd. CHF auf 4,25 Mrd. CHF.
Die Swatch Group stemmt sich aktuell weniger vehement gegen die Krise, versucht mit eher ruhiger Hand den bisherigen Kurs zu halten und setzt in ihrer Strategie auf eine Stabilisierung und Erholung der Märkte in 2017.
Langfristig hat die Swatch Group ein Diversifikations- und Innovations-Programm aufgelegt, welches neue Geschäftsfelder im Bereich des immer bedeutsamer werdenden Internet of Things (IoT) erschließen könnte.
Familie Stern – 3,25 Mrd. CHF (Patek Philippe)
Patek Philippe als der unangefochtene Premiumhersteller Nummer Eins befindet sich im alleinigen Besitz der Familie Stern. Der Umsatz des Unternehmens beläuft sich auf schätzungsweise 1,32 Mrd. CHF. Das Unternehmen mit insgesamt 2000 Beschäftigten arbeitet hochprofitabel. Nur so lässt es sich erklären, dass die im Genfer Stadtteil Plans-les-Ouates gestartete und mit 500 Mio. CHF veranschlagte Erweiterung der Manufaktur ohne Fremdkapital, also gänzlich aus eigenen Mitteln finanziert wird.
Von einem Rückgang der Geschäftsergebnisse in 2016 berichtet Patek Philippe nicht. Das Vermögen der Familie Stern hat 2016 unter den erschwerten Rahmenbedingungen nicht gelitten.
Familie Bucherer – 1,75 Mrd. CHF (Bucherer-Gruppe, Uhren, Uhren-Einzelhandel)
Mit einem geschätzten Jahresumsatz von 1,5 Mrd. Franken ist die Bucherer Group Europas größter Uhrenhändler, der mittlerweile in der dritten Generation von Jörg Bucherer geleitet wird. Im Besitz der gleichnamigen Familie, befinden sich mehr als 30 Uhrengeschäfte in ganz Europa sowie ein rundes Dutzend weiterer Juweliergeschäfte. Bucherer produziert in Luzern auch hochwertige Luxusuhren unter eigenem Namen.
Jörg Bucherer hat es geschafft, das Vermögen innerhalb nur weniger Jahre – seit 2012 – zu verdoppeln und den Status Quo in 2016 zu halten.
Familie Scheufele – 1,75 Mrd. CHF (Chopard)
Die Familie Scheufele, welche ursprünglich aus der Gold-Stadt Pforzheim stammt, besitzt seit 1963 die Uhrenmarke Chopard. Die Genfer Firma erwirtschaftet mit Uhren und Schmuck einen Jahresumsatz von 570 Mio. CHF. Dem Unternehmen steht als Geschäftsführer Karl Scheufele vor. Er wird von seinen beiden Kindern Karl-Friedrich und Caroline Scheufele aktiv unterstützt.
Zwar spürt auch Chopard den Gegenwind, kann sich aber mit rund 75.000 Uhren und etwa ebenso vielen Schmuckstücken vergleichsweise gut behaupten. Auf das Vermögen der Familie hatte das Jahr 2016 keinen negativen Einfluss.
Familie Borer – 1,75 Mrd. CHF (ehemals Rolex)
Unter der Führung des 89-jährigen Harry Borer gehörte der Familie Aegler-Borer einst Rolex in Biel, dem exklusiven Zulieferer von Uhrwerken für Rolex in Genf, jener Teil von Rolex also, der alle anderen Geschäftstätigkeiten rund um das Unternehmen unter seiner Kontrolle hatte. 2004 übernahm Rolex Genf schließlich auch den in Biel ansässigen Teil der Gruppe und entschädigte die Familie Borer fürstlich.
Die Familien Audemars und Piguet – 950 Mio. CHF (Audemars Piguet)
Mit einem geschätzten Jahresumsatz von rund 800 Mio. CHF ist das Unternehmen Audemars Piguet einer der ganz wenigen Luxusuhrenhersteller, der sich inmitten rezessiver Rahmenbedingungen immer noch auf Wachstumskurs befindet. Die Nachkommen der Firmengründer haben es verstanden, sich schwierigen Gegebenheiten flexibel anzupassen und dabei die Profitabilität des Unternehmens immer im Auge zu behalten.
Ganz entgegen dem Trend konnte AP 2016 sogar um 12% zulegen. Der Aktienkurs entwickelte sich positiv und das Vermögen der Familien legte von 850 Mio. CHF auf 950 Mio. CHF zu.
Familie Schneider – 750 Mio. CHF (Breitling)
Die Familie Schneider ist seit 1979 Eigentümer von Breitling. Breitling erzielt aktuell einen Jahresumsatz i.H. von 370 Mio. CHF. Das Unternehmen ist in den vergangenen Boom-Jahren langsamer als der Wettbewerb gewachsen. Der negative Einfluß aus Asien trifft Breitling nun aber deutlich weniger, da die Präsenz dort auch weniger stark ausgepägt ist. Das Vermögen der Familie ist seit vielen Jahren weitgehend stabil.
Entsprechend aktueller Informationen soll die Familie Schneider jedoch Verkaufsabsichten geäußert haben.
Jean-Pierre Slavic – 325 Mio. CHF (ehemals Boninchi SA, Aufzugskronen)
Das Vermögen von Jean-Pierre Slavic stammt von der Boninchi SA, einem der Hauptlieferanten für Aufzugskronen an Rolex. Er verkaufte das Unternehmen im Jahre 2001 an Rolex und ist heute bekannt für seine wertvolle Sammlung antiker Automobile.
Seit 1976 hat er sich eine aussergewöhnliche Kollektion zusammengestellt, die 60 Modelle renommierter europäischer Sportwagenmarken wie Lamborghini, Maserati, Alfa Romeo, Abarth, AC Bristol, Jaguar, Mercedes, Rolls-Royce, Bentley und Porsche sowie vor allem eine der vollständigsten Aston-Martin-Kollektionen der Schweiz und 25 Boliden aus den Ferrari-Werken in Maranello umfasst
Familien Bernheim und Weil – 275 Mio. CHF (Raymond Weil)
Das Unternehmen Raymond Weil wird heute von Elie Bernheim, einem Enkel des namensgebenden Gründers Raymond Weil geführt. Der Umsatz beträgt bereits über mehrere Jahre recht stabile 210 Mio. CHF. Das Vermögen der Familie konnte – entgegen dem allgemeinen Trend – in 2015/2016 sogar einen leichten Zuwachs erfahren.
Vartan Sirmakes – 225 Mio. CHF (Franck Muller)
Die Uhrenmarke Franck Muller, bekannt für den Bau höchst komplizierter und im Design außergewöhnlicher Uhren, gehört inzwischen fast vollständig dem ursprünglich aus Armenien stammenden Mitgründer Vartan Sirmakes. Die Firma erwirtschaftet, hauptsächlich unter der Kernmarke Franck Muller, einen Umsatz von 285 Mio. CHF an Uhren und Schmuck.
Franck Muller selbst hat sich aus dem operativen Geschäft längst zurückgezogen und lebt heute in Monaco.
Die Franck Muller-Gruppe befindet sich weiter auf Expansionskurs. In der chinesischen Metropole Macau wurde in 2016 bereits die dritte Boutique eröffnet, und auch in Myanmar feierte das Unternehmen im Frühling 2016 die Eröffnung eines eigenen Shops.
Jean-Claude Biver – 175 Mio. CHF (LVMH, TAG Heuer, Hublot)
Der stets energisch auftretende 67-Jährige machte sein erstes großes Geschäft als er die Marke Blancpain wieder zu Weltruhm führte und schließlich an die Swatch Group veräußerte. Das gleiche Glanzstück gelang ihm mit Hublot, eine Marke, welche dann von LVMH erworben wurde.
Er ist nicht der Reichste unter den Uhrmachern, mit Sicherheit aber jener, den man am häufigsten sieht und hört. Biver ist heute Chef der Uhrensparte von LVMH und betreut zudem die Marken TAG Heuer sowie neuerdings auch Zenith persönlich. Er scheint fast überall gleichzeitig präsent zu sein und die Tatsache, dass es LVMH im Vergleich zum Wettbewerb realtiv gut geht, geht wohl nicht zuletzt auf das Konto des umtriebigen Taktgebers Jean-Claude Biver.
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