Die brandneue FOSSIL Q-Grant ist nicht nur auf den ersten Blick eine echte Uhr, und dazu auch noch eine schicke; mit verschiedenen Zifferblattdesigns, je nach Geschmack eben. Neben der anlaogen Anzeige der aktuellen Ortszeit ist auch ein Chronograph integriert, unschwer zu erkennen an den beiden zusätzlichen Drückern.
Datumsanzeige? Leider keine, schade. Aber, da war doch noch etwas. Der rückseitige Gehäusedeckel ist nicht aus Stahl, wie der Rest des sonst hochwertig anmutenden Gehäuses, sondern aus hellgrauem Kunststoff gefertigt. Und weshalb steht da zu lesen „Intel Innovation“?
Na klar, die neue Q-Grant ist Fossils erste Smartwatch und gehört zu einer Reihe von Connected Watches, die aber nicht sofort nach Smartwatch, sondern erst einmal nach konventioneller Uhr aussehen. Bravo, gut gemacht, Fossil!
Traditionelle Uhr, aber Connected via Bluetooth
Das ist das, auf was viele gewartet haben. Smartwatches gibt es schon reichlich am Markt, die meisten sehen aber eher nach Elektronik, denn nach Uhr aus und deshalb tut sich das ein oder andere Gerät auch schwer, die Akzeptanz beim Kunden und damit den Weg an dessen Handgelenk zu finden. Connected wäre schon gut, aber Chic muss eben auch sein.
Fossil ist einer der ersten traditionellen Hersteller und Anbieter von klassischen Uhren, die sich nun aus der Deckung wagen und das Geschäft der smarten Watches nicht länger nurmehr den Elektronik-Riesen überlassen möchte.
Das ist mutig, aber auch notwendig zugleich. Als Liebhaber schöner Uhren fragt man/frau sich schon, ob nun statt des traditionellen Uhrenfachhandels, der einem auch nach dem Kauf der Uhr mit Rat und Tat zu Seite steht, künftig der Elektronikfachmarkt dessen Rolle übernimmt und bei dem ich neben der Smartwatch dann auch gleich noch eine neue Waschmaschine bestellen kann. Praktisch, oder etwa nicht? Wenn ich dann aber das Band gewechselt haben möchte, weil mir vielleicht ein anderes besser gefällt, oder es nach einer gewissen Zeit des Tragens nicht mehr so ansehnlich ist und gegen ein neues ausgetauscht werden sollte, ist dann der Elektronikfachmarkt auch weiterhin die richtige Adresse? Da bin ich mir dann nicht mehr so sicher. Der Uhrenfachhändler an der Ecke wäre da bestimmt die bessere Anlaufstelle.
Uhrenfachhandel versus Elektronikfachmarkt
Aber mit meiner Samsung, LG oder Huawei zum Uhrenfachhändler meines Vertrauens zu gehen, um ihn mit dem fälligen Bandwechsel zu beauftragen; vermutlich auch nicht ganz trivial. Aber, frage ich ihn nach einer Alternative, zumeist auch (noch) Fehlanzeige. Der Uhrenfachhandel hat dazu bislang kaum etwas im Angebot.
Mit Fossil wird sich das nun ändern. Neben der uns vorliegenden Q-Grant gibt es noch eine mehr nach Elektronik aussehende Watch mit Display, die FOSSIL Q-Founder sowie ein weiteres Gadget, die Q-Reveler bzw. Q-Dreamer, welches mehr oder weniger rein dem Fitnesstracking verschrieben und ähnlich den Bändern von Fitbit oder Jawbone gehalten ist.
Die FOSSIL Q-Grant ist also eine konventionelle Uhr und wurde um ein zusammen mit Intel entwickeltes Funktionsmodul erweitert, welches sich hinter dem bereits erwähnten hellgrauen Kunststoffdeckel verbirgt. Dort sind neben einem 3-Achsen Beschleunigungssensor, ein Vibrationsmotor sowie zwei seitlich angebrachte LED´s, ein Akku verbaut, der mit seinen nur 27 mAH dennoch für gut eine Woche Betrieb sorgen soll. Das trifft auch tatsächlich zu und wird in der Praxis – was sehr positiv zu werten ist – sogar deutlich übertroffen. Geladen wird induktiv über eine mitgelieferte Docking-Station, auf die die Uhr zum Laden gelegt wird.
Konventionelles Uhrwerk und smartes Zusatzmodul in Sandwichbauweise
Das für die korrekte Anzeige der Zeit zuständige Uhrwerk in bewährter Quartz-Technologie stammt vom japanischen Spezialisten Miyota, arbeitet unabhängig vom Funktionsmodul und wird von einer separaten Knopfzelle dauerhaft mit Energie versorgt. Der Batteriewechsel geht denn auch ähnlich wie bei einer normalen Quartzuhr vonstatten. Der Uhrmacher nimmt den Gehäuseboden samt Funktionsmodul ab und kann die Knopfzelle wie gewohnt erneuern.
Die Elektronikeinheit wird per Bluetooth Low Energy (BLE) mit dem Smartphone verbunden, auf dem im Falle von Apple´s iPhone mindestens iOS 8 und im Falle von Google´s Android mindestens die Version 4.4 installiert sein muss.
Koppelung von Funktionsmodul mit Smartphone
Wie funktioniert nun die Koppelung mit dem Smartphone, nachdem zuvor aus dem App-Store die Fossil Q-App mit ihren sehr üppigen 47 MB heruntergeladen, installiert und ein persönliches Konto angelegt wurde? Das funktioniert in beiden Fällen relativ gut, wobei sowohl beim iPhone, wie auch beim Android Phone es nicht auf Anhieb klappen wollte.
Einmal musste der auf der Rückseite befindliche Knopf mit einer Büroklammer kurz gedrückt werden, um die Einheit zu aktivieren, im anderen Fall musste der Knopf abermals betätigt und dann, den Anweisungen von Fossil folgend, länger gedrückt werden, bis zwei kurze Vibrationen spürbar wurden und die Uhr wieder in den Ausgangszustand zurückversetzt haben. Das ist schon etwas mühsam und das können andere Anbieter mittlerweile besser.
Ist die Uhr erst einmal gekoppelt, so heißt es die entsprechenden Konfigurationen an der App vorzunehmen, wenn nicht, wie unserem Fall, die Uhr erst einmal mit einem Firmware-Update versorgt werden möchte.
Softwareupdate
In diesem Punkt haben Fossil bzw. Intel noch Nachholbedarf. Bei einem Testexemplar brach der Updatevorgang aus unerklärlichen Gründen ab, die Uhr ließ sich dann mit dem Smartphone nicht mehr koppeln und war mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln und Kenntnissen nicht mehr zum Leben zu erwecken.
Bei einem zweiten Exemplar funktionierte das Update dann reibungslos. Wir haben aber auch da zwischendurch mal die Luft angehalten als die auf dem Smartphone mitlaufende Animation mehrmals hängen blieb, es aber schließlich doch ohne Murren funktionierte.
Nun, jetzt alles gut? Auf den ersten Blick schon. Mittels App können verschiedene Einstellungen vorgenommen werden. Der Beschleunigungssensor soll die täglichen Schritte zählen. Damit dann weitere Berechnungen angestellt werden können, sind zuvor noch Körpergröße und Gewicht anzugeben. Die Standardvorgabe sind 8.000 Schritte. Wir haben das auf 10.000 erhöht, was dem allgemeinen Standard entspricht. Gut gelöst ist die Möglichkeit, die Daten mit anderen Applikationen wie Google Fit, Under Armour und Up by Jawbone zu synchronisieren.
Gut funktionierendes Fitnesstracking
Der Schrittzähler arbeitet sehr zuverlässig. Die Abweichungen liegen im Bereich von +/- 5% und können damit als vergleichsweise genau angesehen werden. Leider ist nicht klar ersichtlich, zu welchem Zeitpunkt die Daten von der Uhr an das Smartphone übertragen werden. Auf der Uhr selbst ist dazu keine Anzeige vorhanden, was etwas schade ist, da so immer erst am Smartphone nachgesehen werden muss, wie weit der Nutzer vom voreingestellten Tageszielwert noch entfernt ist.
Withings, mit ihrer Activité, oder Frédérique Constant, mit der Horological Smartwatch, haben das besser gelöst. In beiden Fällen gibt ein zusätzlicher analoger Zeiger auf dem Zifferblatt Auskunft über den aktuellen Aktivitätsfortschritt.
Welche Aufgabe haben nun der Vibrationsmotor und die beiden seitlich aus dem Gehäuseboden herausleuchtenden LED´s?
Hierbei geht es um die Übermittlung von auf dem Smartphone eintreffenden Nachrichten ans Handgelenk. Im Klartext: Befindet sich das Smartphone in der Jackentasche, oder, was bei Damen ja häufiger der Fall sein soll, in der Handtasche, so soll der Träger der Uhr optisch – über die LED´s – und haptisch – über den Vibrationsmotor – auf eingehende Telefonate, Informationen oder Nachrichten aufmerksam gemacht werden.
Dazu bietet die App im Falle von Android recht vielfältige Einstellmöglichkeiten. Je nach Art der Information kann die Farbe der LED verändert und den persönlichen Vorlieben angepasst werden. So kann z.B. unterschieden werden, ob ein Anruf eingeht, eine Kurznachricht oder eine Mail, oder ein bevorstehender Termin angezeigt werden soll. Auch die Frage, wann und ob der Vibrationsmotor bei allen oder nur bei bestimmten Nachrichten ansprechen soll, lässt sich einstellen. Dabei können nahezu alle für Informationen auf dem Smartphone zuständige Apps ausgewählt werden.
Funktionsumfang mit iPhone und Google´s Android
Bei iOS ist das hoffentlich ebenso. Leider nein! Wie bei so manchen anderen Smartwatches auch, sind die Einstellmöglichkeiten in Verbindung mit iPhones eingeschränkt und so ist es uns z.B. nicht gelungen, eingehende E-Mails per FOSSIL Q-Grant ans Handgelenk gemeldet zu bekommen. Auch die Geschichte mit den verschiedenen Farben hat in Verbindung mit iOS nicht funktioniert.
Die Frage, die sich uns gestellt hat, wie funktioniert das alles in der Praxis? Leider ziemlich eingeschränkt. Die Vibration ist nicht besonders kräftig, kann also schon mal „übersehen“ werden, wenn der Uhrenträger gerade mit anderen Dingen beschäftigt ist. Die LED´s leuchten gleichzeitig mit der Vibration kurz auf. Das bringt vergleichsweise wenig, wenn der Blick nicht zufälligerweise und zeitgleich mit der Vibration auf die Uhr am Handgelenk fällt.
Der Ablauf ist normalerweise ein anderer: Die Nachricht geht ein, der Vibrationsmotor schlägt an und signalisiert mir, ich solle doch auf die Uhr blicken. Nur bis das erfolgt ist, sind die LED´s leider schon längst wieder erloschen. D.h. die Möglichkeit, welche die Android App grundsätzlich bietet, per voreingestellter Farbe die Art der Nachricht und auch deren Wichtigkeit angezeigt zu bekommen, funktioniert in der Praxis kaum. Hier müssten die LED´s dann bitte schon mehrfach und auch länger blinken, so dass für das sichere Erkennen und Ablesen ausreichend Zeit verbleibt, schließlich sollte ich anhand der vorgegebenen Farbe doch eindeutig unter- und somit entscheiden können, ob ich das Smartphone gleich aus der Tasche hole, oder die Nachricht als weniger wichtig einstufe und erst später abrufe.
Praktischer Nutzen eingeschränkt
Das gilt insbesondere für eingehende Anrufe. Wenn das Smartphone z.B. während Besprechungen auf lautlos gestellt wird und Fossil schon die Möglichkeit bietet, im Telefonbuch nur jene Personen zu markieren, deren Nachrichten durchgeschaltet werden sollen, dann muss ich mich auch darauf verlassen können, dass mir die LED´s zuverlässig signalisieren, ob es sich um einen wichtigen Anruf handelt, der den unmittelbaren Griff zum Smartphone erforderlich macht.
Daran ist unschwer zu erkennen, dass noch einiges an Weiterentwicklungspotenzial vorhanden ist. Mit dem nächsten oder übernächsten Firmwareupdate kann ja schon wieder eine Verbesserung einfließen. Dafür muss dann aber auch die Update Funktion stabil laufen. Das Update abbrechen und die Uhr dann in einen unbestimmten Zustand zu versetzen, so etwas geht schon gar nicht.
Was auch nicht geht, ist die mit einigen Android Telefonen beobachtete instabile Bluetooth Verbindung. Verlässt die Uhr die Reichweite des Bluetooth-Signals, die im übrigen recht gut ist, so gab es immer wieder Probleme mit dem Auto-Reconnect. Das muss einfach stabil funktionieren, tut es aber nicht. Bei iOS war das nicht zu beobachten. Hier verbinden sich Uhr und Smartphone sehr zügig miteinander, sobald die Uhr wieder in Reichweite des Bluetooth-Signals kommt. Problematisch ist das Ganze insofern, als es an der Uhr auch keine Anzeige gibt, ob die Verbindung mit dem Smartphone steht oder abgebrochen wurde.
Instabile Bluetoothverbindung
Wenn ich im Büro sitze und das Smartphone liegt neben mir und beide sind verbunden, ist die Welt in Ordnung. Gehe ich kurz hinaus, um z.B. einen Gast an der Türe abzuholen, ohne das Smartphone mitzunehmen, und wird dabei die Reichweite der Bluetoothverbindung verlassen, so kann es passieren, dass nach Rückkehr an den Arbeitsplatz an dem das Smartphone sich befindet, sich beide nicht mehr verbinden. Das muss jedoch ohne Wenn und Aber zuverlässig der Fall sein.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der zurückbleibende Eindruck ein eher gemischter ist.
Pro
- Gut sind Design und Gehäusequalität
- Gut sind auch die elektrische Trennung von Uhrwerk und Funktionsmodul, so dass bei leerem Akku die Uhr immer noch funktioniert.
- Die Lange Akkulaufzeit; die Herstellerangabe von 7 Tagen wird in aller Regel deutlich übertroffen.
- Gut ist auch die App für iOS und Android. In beiden Fällen ist diese intuitiv bedienbar und mit sinnvollen Funktionsinhalten versehen.
- Gut funktioniert der eingebaute Schrittzähler, der Datenaustausch mit anderen Plattformen ist begrüßenswert.
Contra
- Weniger schön ist die Anmutung des billig wirkenden Kunststoffbodens.
- Die Funktion von Firmware-Updates arbeitet nicht durchweg zuverlässig.
- Die Bluetooth-Verbindung i.V. mit Android Telefonen arbeitet nicht zuverlässig.
- Die Kompatibilität mit Android Phones ist trotz korrekter Softwarevariante nicht in jedem Fall gegeben. Hierfür wäre eine Kompatibilitätsliste sehr hilfreich.
- An der Uhr selbst sind keine Anzeigen vorhanden, für bereits gelaufene Schritte, fehlende oder gestörte Bluetooth Verbindung.
- Das Aufleuchten der LED´s zur Anzeige eingehender Nachrichten erfolgt zeitlich viel zu kurz.
- Der Vibrationsmotor ist schwach, die Intensität sollte einstellbar sein.
- Der Funktionsumfang i.V. mit iPhone ist gegenüber Android deutlich reduziert.
Ein etwas gemischter Eindruck bleibt zurück
Die Elektronik-Kompetenz von Intel, welche naturgemäß eine hohe Erwartung weckt, konnte uns nicht in vollem Umfang überzeugen. Manches, was uns nicht gefällt, ist soft- bzw. firmwareseitig lösbar und lässt sich mit entsprechenden Updates – wenn sie denn zügig kommen – rasch in die richtige Richtung weiterentwickeln und verbessern. Vermutlich gibt es aber auch an der Hardware – siehe die Probleme mit der Bluetooth-Koppelung – noch Hausaufgaben zu lösen. Fossil tut gut daran, rasch nachzulegen, damit aus dem insgesamt vielversprechenden Konzept mit zahlreichen guten Ideen, auch ein nachhaltiger und stabiler Erfolg wird.
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