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Baselworld 2019 Teil 1: Eine Messe im Wandel, statt der Swatch Group positionieren sich Citizen, Casio & Co.
Baselworld 2019 Teil 1: Eine Messe im Wandel, statt der Swatch Group positionieren sich Citizen, Casio & Co.

Baselworld 2019 Teil 1: Eine Messe im Wandel, statt der Swatch Group positionieren sich Citizen, Casio & Co.

Schon viel wurde berichtet und geschrieben, über die Baselworld 2019. In der schönen neuen Welt des Turbo-Journalismus, bestimmen zunehmend mehr die Quantität, denn die Qualität den Inhalt. Manchmal beschleicht einen schon fast das Gefühl, der ein oder andere möchte geradezu wie bei einem Fußballmatch in Echtzeit aus der Kabine heraus berichten, damit er oder sie die Fans als erstes erreichen. Denn Reichweite und Klicks scheinen zu einem der wichtigsten Parameter unserer Zeit geworden zu sein.

Nein, und nochmals Nein! Reichweite und Klicks sind allenfalls ein Hilfsmittel oder ein Vehikel und dabei nicht mehr als ein Stück Hoffnung, welches dabei helfen soll, den Umsatz anzukurbeln, oder zumindest zu stützen.

Und genau an dieser Stelle scheiden sich die Geister. Da gibt es noch gut 500 Aussteller, die sich auf der Baselworld 2019 versammelt und mit berechtigtem Stolz ihre neuesten Kreationen den Besuchern präsentiert haben und dann gibt es die anderen, mehr als 1000 Aussteller, die in besseren Zeiten auch einmal mit dabei waren, jetzt aber aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr mitspielen möchten, oder sich andere Schauplätze gesucht haben.

Allen voran die Swatch Group, die als immer noch größter Uhrenkonzern der Welt die vermutlich immer noch bedeutsamste Uhrenmesse der Welt nicht nur mit Absenz, sondern gar mit Verachtung straft. „Wir brauchen die Baselworld nicht, wir haben sie noch nie gebraucht und werden dorthin auch nicht zurückkehren“ So lauteten unlängst die unüberhörbaren Töne von Nick Hayek, dem Patron der Swatch Group. Peinlicher und noch weniger Stil geht fast nicht mehr. Aber die freigewordene Arena übernehmen jetzt eben andere. Dazu zählen vor allem die großen Uhrenhersteller aus dem fernen Asien.

Wie viele andere Besucher sind auch wir – trotzdem oder gerade deshalb – wieder nach Basel gekommen und haben uns mehrere Tage Zeit genommen, um alles in Ruhe anzusehen und den aktuellen Stand der Dinge auf uns wirken zu lassen.

Haben wir die Swatch Group vermisst, wurden wir das ein oder andere Mal gefragt? Die Antwort: „Anfangs schon, im weiteren Verlauf der Messe aber nicht mehr“. Auf dem Uhrenmarkt herrscht auch ohne Swatch Group ein vielfältiges und breites Angebot vor und es gab wieder viel zu entdecken. Und das ist gut so; in erster Linie für den Kunden, denn er ist wieder der König. Und wer auf der Baselworld nicht dabei ist, wird nicht oder zumindest weniger stark wahrgenommen.

Da helfen dann auch die ersatzweise stattfindenden Hausmessen und Roadshows nicht weiter. Der Handel, die Journalisten, die Blogger, die Influencer und immer mehr auch die Kunden haben in der Regel weder die Zeit noch das Budget, sich darum zu kümmern und den zahlreichen Herstellern, die diese neue Mode für sich entdeckt haben, an all die schönen Plätze zu folgen, an denen sie mit ihrem Wanderzirkus gerade in Erscheinung treten.

Das mag als Ergänzung zu einer gut gemachten Messe durchaus einen gewissen Sinn ergeben, aber keineswegs als deren Ersatz und schon gar nicht, wenn das jetzt sehr viele machen.

Also gehen wir gedanklich zurück auf die Baselworld, die in 2019 zwar deutlich kleiner ausfällt, aber dadurch in manchen Punkten auch feiner geworden ist und jenen Ausstellern, die die Mühen einer Teilnahme nicht gescheut haben, anteilig eine größere Aufmerksamkeit beschert hat. Profitiert haben davon nicht zuletzt die unabhängigen Hersteller, aber auch namhafte Aussteller aus Asien, deren Gewicht und Bedeutung Jahr für Jahr zunimmt. Und das sind vor allem diejenigen, die den Marken der Swatch Group im Einstiegssegment mehr und mehr das Leben schwer machen. Hier wirkt nicht nur die Smartwatch, sondern der vielfältiger und immer besser gewordene Wettbewerb.

„Value for Money“ trägt weniger häufig das Label „Swiss Made“, stattdessen findet sich immer häufiger der Schriftzug „Made in Japan“ auf der Uhr.  Und zwar unabhängig, ob die Logos von Casio, Citizen, Seiko oder Orient Watch das Zifferblatt zieren.

Die Citizen Group, mit ihrer Tochter Miyota, die für die Herstellung von Uhrwerken – auch für viele Drittkunden – zuständig ist, wirbt gar mit dem Slogan: „The Metal Movement Made in Japan“ und grenzt sich damit klar gegen die billigen Wegwerfkaliber ihres Schweizer Wettbewerbers ab, bei denen in der Einstiegspreisklasse selbst funktional so wichtige Baugruppen wie die Hemmung aus Kunststoff gefertigt werden.

Und ein weiteres Terrain möchte Miyota fortan nicht mehr nur dem Wettbewerb überlassen. Mit der neuen Werkefamilie „Miyota Connected“ spricht der Hersteller nun auch solche Kunden an, die in die Welt der smarten Uhren einsteigen möchten, ohne auf Zulieferungen aus China angewiesen zu sein.

 

Miyota bietet aus der Zusammenarbeit mit der Fossil Group neue Uhrwerke mit zahlreichen Zusatzfunktionen an, die per Bluetooth mit dem Smartphone verbunden werden können.

Auch an dieser Stelle hat die Swatch Group bislang nichts zu bieten. Da spielt es dann auch kaum mehr eine Rolle, ob die Swatch Group, namens ihrer Tochter ETA mechanische Werke nur noch an auserwählte und gefällige Drittkunden liefert, oder nicht. Getreu dem Motto, ich sägte an dem Ast, auf dem ich einst saß.

Sehen wir uns also statt bei Calvin Klein, Mido, Tissot, Hamilton oder Longines bei Casio, Citizen, Seiko und Orient Watch um. Wobei in Bezug auf Orient Watch zu bemerken ist, dass dieser bedeutsame Aussteller nicht in den Messehallen selbst, sondern im gegenüberliegenden Swissotel präsent war. Für 2020 hat die Baselworld an dieser Stelle also noch Potenzial.

 

Orient Watch

Orient automatic 20bar wasserdicht, Ref. RA-AA0004E19B mit Saphirglas und Manufakturkaliber für unter 300 EUR.

Die Geschichte von Orient Watch reicht bis ins Jahr 1901 zurück, als der Gründer, Shōgorō Yoshida, in Tokio ein Uhrengeschäft eröffnete. Lange Zeit war Orient, hinter Citizen und Seiko, die Nummer drei unter den großen japanischen Uhrenherstellern, bevor man von Casio in den 1970er Jahren durch die wachsende Popularität der Quarz-Uhren verdrängt wurde.

 

Elegantes Damenmodell Orient automatic mit Perlmuttzifferblatt und Swarovski-Kristallen für unter 300 EUR

Bemerkenswerterweise hielt Orient auch in dieser Zeit an mechanischen Uhrwerken fest. Bis heute fertigt Orient seine Kaliber vollständig im eigenen Hause und kann sich daher mit Fug und Recht als Uhrenmanufaktur bezeichnet werden. Orient gehört heute, wie übrigens auch Seiko, zum Firmenverbund von Seiko Epson, arbeitet jedoch nach wie vor völlig eigenständig.

 

OrientStar automatic mit Gangreserveanzeige, kleiner Sekunde und Manufakturkaliber für rund 500 EUR

Orient Watch ist mit seinen Uhren der Marke Orient weltweit vertreten, welche sich durch ein exzellentes Preis-Leistungs-Verhältnis sowie hochwertige Verarbeitung auszeichnen, möchte aber über die neue Niederlassung in London nun auch die Top-Marke „OrientStar“ auf dem europäischen Markt positionieren.

 

Die neue OrientStar Ref. RE-DX0001S mit skelettiertem Manufakturkaliber und Handaufzug in Premiumqualität für 1.900 US$

SEIKO

Ähnlich aufgestellt, aber in Europa, und insbesondere Deutschland, weitaus bekannter ist die Seiko Holding mit den Marken Seiko und Grand Seiko. Auf der Baselworld hat Seiko in diesem Jahr die Aufmerksamkeit auf die Spring Drive genannte, zwar seit vielen Jahren bekannte, aber immer noch absolut einzigartige Technologie gelenkt.

 

Grand Seiko Spring Drive Kaliber 9R02

Der Spring Drive Mechanismus ist eine Hemmung, die sowohl mechanisch als auch elektrisch arbeitet. Die Grundidee dieser Technologie stammt aus dem Jahr 1973. 1999 war die Technologie marktreif. Seiko entwickelte einen neuen Microchip, der eine Leistungsaufnahme von lediglich 25 Nanowatt hat. Dies entspricht dem Tausendstel der Leistungsaufnahme einer Quarzuhr.

 

Grand Seiko Spring Drive

Die Spring-Drive-Werke verfügen über eine Quarzeinheit sowie ein konventionelles Räderwerk mit Automatikaufzug und Zugfeder. Wie bei jeder mechanischen Uhr gibt die Zugfeder ihre Energie an das Räderwerk weiter. Aber anstatt einer Unruh mit Spiralfeder, die über Ankerrad und Anker mechanisch mit dem Räderwerk gekoppelt ist, wird bei dieser Lösung ein Gleitrad angetrieben, dessen Geschwindigkeit durch eine Elektronik reguliert wird. Die Geschwindigkeit des Gleitrades wird gemessen, mit den Vorgaben eines Quarzkristalls verglichen und je nach Abweichung mit Hilfe des Wirbelstromprinzips reguliert. Eine Batterie benötigt die Spring Drive Technologie nicht. Die Energie für die Elektronik wird einzig aus der Wirbelstromeinheit gewonnen.

Dass sich der Sekundenzeiger einer Uhr mit Spring Drive kontinuierlich und ruckfrei bewegt, liegt am gleichförmigen Lauf des Gleitrades. Das Räderwerk läuft so vollkommen gleichförmig ab und wird nicht wie bei einer mechanischen Hemmung durch Anker und Ankerrad immer wieder ruckartig abgebremst.

Anders als eine konventionelle mechanische Uhr läuft das Spring-Drive-Werk mit der Genauigkeit einer Quarzuhr. Bei Vollaufzug besitzt die Uhr eine Gangreserve von 72 Stunden und weist eine Gangabweichung von weniger als ±15 Sekunden im Monat auf.

Aber Seiko kann natürlich auch rein mechanisch. Unter der Einstiegsmarke Seiko hat es die Modellreihe Prospex bis ganz oben auf der Beliebtheitsskala geschafft.

 

Taucheruhr Seiko Prospex in der Trendfarbe Grün

Ein Modell dieser Serie erlangte sogar beim Grand Prix d`Horlogerie Genève die begehrte Auszeichnung.

 

CASIO

Der eindrucksvolle Messestand von Casio

Ganz anders ist Casio unterwegs. Bei diesem ebenfalls in Japan beheimaten Hersteller robuster und hochwertiger Uhren spielt die Mechanik keine Rolle. Casio setzt voll und ganz auf Elektronik und zwar in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Casio war einer der ersten Produzenten von digitalen, quarzgesteuerten Armbanduhren und ist dafür bekannt, möglichst viele Funktionen zu integrieren; neben der obligatorischen Anzeige der Uhrzeit etwa eine Stoppuhr, Kompass, Höhen- und Luftdruckmesser, Thermometer, GPS, und vieles mehr.

 

Die Oceanus von Casio

Dabei deckt Casio mittlerweile ein ungemein breites Produktspektrum ab. Von der schlichten 3-Zeiger Uhr über die robuste G-Shock in allen denkbaren Varianten bis hin zur Pro-Trek Serie für den anspruchsvollen Outdoor Profi.

 

G-Shock by Casio. Wie dieses Modell sind mittlerweile sehr viele mit Bluetooth Connectivity ausgestattet.

Dabei hat Casio stets ein optimales Preis-Leistungsverhältnis im Auge und bietet über das gesamte Portfolio eine breite Palette von sogenannten Connected Watches an, also Uhren, die mittels einer auf dem Smartphone installierten Companion App mit diesem via Bluetooth Daten und Informationen austauschen kann.

 

Das Highlight der Messe bei Casio: Die G-Shock MR-G 2000GA mit von Hand geschmiedetem Band, gefertigt aus jenem Stahl, aus dem auch die berühmten japanischen Samurai-Schwerter bestehen.

Hinsichtlich der Produktvielfalt an hochwertigen Uhren zählt Casio ganz zweifellos zu einem der führenden Anbieter auf dem Markt.

 

Citizen

Aber auch Citizen wartet mit überaus interessanten und spannenden Modellen auf, die einen technologischen Führungsanspruch erheben.

 

Die genaueste Quarzarmbanduhr der Welt kommt von Citizen. Das Kaiber 0100, welches mit Solarenergie gespeist wird, weist eine Gangabweichung auf, die weniger als 1 Sekunde pro Jahr beträgt!

Die Citizen Group hat vor einigen Jahren nicht nur damit begonnen, die Aufmerksamkeit auf die eigenen Produkte zu steigern, sondern durch gezielten Zukauf von Unternehmen, vornehmlich in der Schweiz, das Produkt- und Markenportfolio erheblich ausgebaut. Neben Frédérique Constant und Alpina gehören auch die exklusiven Top-Marken Arnold & Son sowie Angelus und damit verbunden der Werkeproduzent La Joux-Perret zur Gruppe.

 

Die neue Pilotenuhr Citizen Promaster Satellite Wave Sky, Ref. CC7015-55E, zum 30-jährigen Jubiläum der erfolgreichen Promaster Serie

 

Aber auch die US-amerikanische Marke Bulova zählt dazu und wird jetzt mit erhöhter Aufmerksamkeit wieder aufgefrischt.

 

Bulova Accutron Next Generation als Prototyp für eine Uhr, welche die benötigte Energie mittels Mikro-Generator und statischer Aufladung selbst erzeugt. Das Modell kommt voraussichtlich 2020 auf den Markt.

Last but not least ist auch der Werkeproduzent Miyota, der Citizen, aber auch sehr viele Drittkunden, mit Uhrwerken versorgt, über eine Zusammenarbeit mit der Fossil Group in Sachen Connected Movement aktiv geworden. Dieses zukunftsträchtige Geschäftsfeld will Citizen nun nicht mehr nur dem Wettbewerb überlassen, sondern steigt mit einem ersten eigenen Produkt, der Modellreihe Riiiver in dieses interessante Wachstumssegment ein.

 

Die brandneue Citizen Eco-Drive “Riiiver” mit einer ganzen Reihe von smarten Funktionen

FIYTA

Aus dem asiatischen Raum sind aber nicht nur Uhrenhersteller aus Japan präsent, sondern zunehmend auch ernstzunehmende Anbieter aus China. Das Unternehmen Fiyta wurde 1987 in China gegründet und hat sich auf dem asiatischen Markt rasch zu einem bedeutsamen Anbieter vergleichsweise hochwertiger Uhren entwickelt.

 

Moderne und qualitativ hochwertige Herren Automatik-Uhr von Fiyta

Fiyta setzt überwiegend Uhrwerke von Miyota ein und bietet sauber verarbeitete Gehäuse zu wettbewerbsfähigen Preisen. In Europa ist Fiyta bislang hauptsächlich in Frankreich etabliert, weitet die Aktivitäten jetzt aber massiv aus.

 

Fassen wir zusammen:

Haben wir uns in den vergangenen Jahren in Basel auch bei Marken der Swatch Group umgesehen, so konnten wir diese jetzt gewonnene Zeit nutzen, uns intensiver bei den asiatischen Ausstellern umzusehen und waren angetan von deren Innovationskraft und Leistungsfähigkeit.

Ganz besonders hat uns beeindruckt, dass alle Hersteller streng darauf achten, ein gut sortiertes, qualitativ hochwertiges und dabei preislich attraktiv positioniertes Einstiegssegment zu pflegen. Aber auch der Kaufinteressent mit höheren Ansprüchen kann nun zumeist der jeweiligen Marke treu bleiben. Die Anbieter aus Japan haben allesamt auch spezielle, zumeist limitierte Modelle für den gehobenen Anspruch im Sotiment. Sei es, dass es sich um technologische Besonderheiten, oder um die Verwendung und Verarbeitung spezieller Materialien geht.

Das Qualitätssiegel “Swiss Made” ist damit längst nicht mehr ohne Konkurrenz. “Made in Japan” hat mittlerweile auf Augenhöhe aufgeschlossen. Sollte die Swatch Group die Baselworld tatsächlich auch in Zukunft schneiden, so ist dies für die Messe kein wirkliches Unglück. Es wäre zwar zweifellos schade, aber der eigentliche Schaden dürfte primär auf deren Seite liegen.

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2 Kommentare

  1. Pingback: Baselworld 2019, Teil 2: Die Messe diesmal in kleinerer aber umso feinerer Runde - Uhren-Blog über Design und Technik

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