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Der Salon EPHJ-EPMT-SMT 2016, die wichtigsten Eindrücke
Der Salon EPHJ-EPMT-SMT 2016, die wichtigsten Eindrücke

Der Salon EPHJ-EPMT-SMT 2016, die wichtigsten Eindrücke

Der alljährlich in Genf auf dem Gelände der Palexpo stattfindende Salon EPHJ-EPMT-SMT ist eine der weltweit wichtigsten Messen zu den Themen Mikromechanik und Präzisionstechnik.

 

 

Die über 4 Tage dauernde Messe gliedert sich in die Bereiche Uhrmacherei und Schmuck sowie Mikrotechnologie und Medizintechnik. Mit 881 Ausstellern aus aller Welt und mehr als 20.000 Besuchern konnte 2016 ein neuer Rekord verzeichnet werden.

Auch im fünfzehnten Jahr des Bestehens konnten die Veranstalter eine überwiegend positive Bilanz ziehen.

 

 

Begleitend zu den Vorbereitungen der Messe wurde auf Initiative der Messeleitung eine Umfrage unter rund 1000 jungen Schweizerinnen und Schweizer im Alter von 16 – 25 Jahren durchgeführt. Diese wurden nach ihrem Verhältnis zur Uhr im Allgemeinen und zu Uhren aus Schweizer Produktion (Swiss Made) im Besonderen gefragt. Das Ergebnis war überraschend positiv, auch unter Berücksichtigung der Veränderungen, die die voranschreitende Digitalisierung durch die Nutzung von Smartphones und zukünftig vermehrt auch Wearables oder Smartwatches mit sich bringen werden. Die Details dazu können hier eingesehen werden.

Gleichwohl haben sich aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen verändert und bereiten in ihrer aktuellen Form dem ein oder anderen Zulieferbetrieb ziemliches Kopfzerbrechen, insbesondere jenen, die in hohem Maße von der Uhrenindustrie abhängig sind.

Durch den seit vielen Monaten in Folge rückläufigen Absatz von Uhren auf den internationalen Märkten kam es bereits zu ersten Entlassungen und vielerorts zum Auslaufen bzw. Aufheben von Zeitverträgen. Überraschenderweise, so erfuhren wir, findet die Abkühlung nicht nur auf den Märkten in Asien und Russland, sondern auch in den USA statt. Dies bleibt auch in der Zulieferbranche für Hochpräzisionsteile und Fertigungsmittel nicht ohne Folgen.

Bild:
Entwicklung der Schweizer Uhrenexporte von Jun. 2015 – Mai 2016
Quelle: La Fédération de l’Horlogérie Suisse

 

Wohl dem, der auf weitere Standbeine, wie die Belieferung der Automobilindustrie oder der Medizintechnik, zurückgreifen und so für Ausgleich sorgen kann.

Bemerkenswert aber auch jene, die durch Innovationen auf sich aufmerksam machen und damit den Wettbewerb im hart umkämpften Markt für sich entscheiden können. Dies gilt in ganz besonderen Maße für das im Schweizer Jura ansässige Unternehmen AJS Production SA, welches mit dem Großen Ausstellerpreis 2016 für sein modulares Baukastensystem zur Realisierung verschiedener Komplikationen ausgezeichnet wurde.

 

 

Mittels einer Zusatzplatine, die zifferblattseitig auf ein mechanisches Uhrwerk aufgesetzt werden kann, wird, ähnlich einem Planetarium, die freie Anordnung der Zusatzfunktionen in konzentrischen Kreisen um den Mittelpunkt herum ermöglicht.

 

 

Dem Designer der Uhr verschafft diese Innovation die größtmögliche Gestaltungsfreiheit bei der Anordnung der einzelnen Anzeigefunktionen auf dem Zifferblatt.

Insbesondere für Uhren in limitierter Auflage, oder mit Sonderfunktionen in kleiner Stückzahl, stellt das von AJS Production SA vorgestellte Konzept eine interessante Alternative dar. Für den Kunden bedeutet dies einen minimierten Einmalaufwand bei gleichzeitig reduziertem finanziellen Risiko.

 

 

Modernste Fertigungsverfahren ermöglichen zudem interessante und innovative Umbauten oder Modifikationen von bestehenden Uhrwerken nach Kundenauftrag.

Die Haute Ecole Arc Ingénierie in Neuenburg erhielt von der Jury als Sonderpreis die Auszeichnung für die Entwicklung einer extrem platzsparenden 5-Achsen CNC-Fräsmaschine.

Das Thema „Swiss Made“ und die damit verbundenen Auflagen, die ab 2017 nochmals deutlich verschärft werden, wurden am Stand von SWISSNESS thematisiert.

 

 

Der Anbieter von Uhrenkomponenten unterstützt dabei, die Möglichkeiten und Grenzen des Einsatzes von Bauteilen und Komponenten unterschiedlicher Herkunft so zu optimieren, dass die aktuellen und auch künftigen Vorgaben für „Swiss Made“ eingehalten werden bzw. bei Wegfall dieser Herkunftsbezeichnung kostenoptimierte Lösungen gefunden werden, die dem Endkunden dennoch zu einem qualitativ hochwertigen, gleichwohl jedoch deutlich preisgünstigeren Produkt verhelfen.

 

Bild: Dietrich-Watch mit aufwendiger Carbonlünette und extravagantem Design; Realisierung mit Unterstützung von SWISSNESS.

 

SWISSNESS ist in der Lage, eine Spanne von 0 bis 100% „Swiss Made“ darzustellen.

In diesem Sinne ist auch unlängst das neue Projekt „Goldgena“ gestartet. Ein Team rund um den Uhrendesigner Claudio d´Amore macht sich an die Arbeit, die stark in der Kritik befindlichen Preise für Schweizer Uhren und deren Ursachen zu analysieren und Lösungen aufzuzeigen, wie es gelingen kann, durch eine Reihe von Veränderungen in der Kalkulation, aber auch durch die Optimierung der Vertriebswege, dem Kunden wieder bezahlbare Produkte in unverändert hoher Qualität, bei gleichzeitig größtmöglicher Transparenz, anbieten zu können.

Claudio d`Amore und sein Team finden in ihrem Tun nicht nur Zuspruch. Die Initiative stößt bei manchem Wettbewerber und Publizisten auf harsche Kritik und Unverständnis, wagen es die Initiatoren doch ganz offen, den Bann des Schweigens zu brechen und einige bislang gut gehütete “Geheimnisse” der Uhrenbranche offen anzusprechen und zur Diskussion zu stellen.

Das Thema der Verknappung bei der Belieferung von mechanischen Uhrwerken und ihrer Komponenten durch die Swatch Group ist bei einigen Ausstellern nach wie vor ein wichtiges Thema. Dies hat letztlich dazu geführt, dass sich der von der Swatch Group heraufbeschworene Wettbewerb nun immer stärker in Position bringt.

Ein gutes Beispiel ist Carl Haas, ein zur Kern-Liebers Gruppe – einem bedeutenden Automobilzulieferer – gehörender Hersteller von Spiral- und Aufzugsfedern. Carl Haas, in den frühen Tagen der mechanischen Armbanduhr einer der wichtigsten Zulieferer für Spiral- und Aufzugsfedern, musste im Zuge der Quarzkrise in den späten 70er und 80er Jahren, um der Insolvenz zu entgehen, völlig neue Geschäftsfelder erschließen.

 

 

Dies gelang durch den Einstieg in die Medizintechnik und mit neuen Fertigungs- und Umformverfahren sowie der Verarbeitung von Kunststoff auch mit der Teilefertigung für die Automobilindustrie. Carl Haas ist damit ein hervorragendes Beispiel von unternehmerischer Flexibilität und Anpassungsvermögen, bei sich ändernden Rahmenbedingungen.

 

Bild: Gebläute Spiralfedern aus dem Hause Carl Haas

 

Bei dem sich nun entwickelnden Bedarf an Alternativen zu Lieferungen von Federn durch die Swatch Group hat sich Carl Haas seiner ehemaligen Kompetenzen besonnen und die Produktion von Spiralfedern erstklassiger Qualität wieder aufgenommen. Auch das von verschiedenen Kunden gewünschte „Bläuen“ der Spiralfeder kann wieder prozesssicher dargestellt werden.

Zusammen mit Feller Pivotage SA sind beide Firmen auch in der Lage, den Kunden komplette Hemmungssysteme zu liefern; neben besagter Spiralfeder also auch Unruh, Unruhwelle, Anker und Ankerrad.

In ähnlicher Form wird diese Kompetenz z.B. auch durch die Firmen Atokalpa oder MHVJ auf dem Markt angeboten. Die in der Ostschweiz, in Neuhausen am Rheinfall, beheimatete Firma Precision Engineering (PE) tritt ebenfalls als Systemanbieter für komplette Hemmungssysteme auf. Precision Engineeering greift, ähnlich wie Carl Haas, auf alte Schutzrechte von Dr. Reinhard Straumann zurück. PE ist hauptsächlich Partner für Uhren- und Uhrwerkehersteller im Premiumbereich und bietet einen umfangreichen Baukasten unterschiedlich konfigurierter Hemmungssysteme an. Dabei können nicht nur Design und Ausführung, sondern auch die verwendeten Werkstoffe (Ni-P, Gold oder Silizium) für die einzelnen Bauteile variieren und je nach Anforderung des Kunden unterschiedlich zusammengestellt werden.

 

 

Als Alternative zur Spirale aus Silizium, die sich hauptsächlich durch ihre völlige Unempfindlichkeit gegenüber magnetischen Einflüssen hervortut, entwickelt PE derzeit einen metallischen Werkstoff, der diese Eigenschaft ebenfalls aufweisen soll.

 

Bild: Verschiedene Bauformen einer Unruh

 

Bild: Unterschiedliche Bauformen von Anker und Ankerrad

 

Die im wesentlichen von Rolex und der Swatch Group gehaltenen Patente zur Herstellung von Spiralfedern aus Silizium laufen im Jahre 2023 aus.

In Sachen neuer Werkstoffe macht auch die Firma Injector von sich reden. Injector hat ein extrem leichtes Material auf Basis von Epoxydharz entwickelt, in welches in einem sehr speziellen Verfahren verschiedenste andere Werkstoffe eingebettet werden können. Das können organische, aber auch anorganische Stoffe sein.

 

 

Metalle ebenso, wie Mineralien oder sogar Edelsteine. Das Grundmaterial ist dabei federleicht und hat nur rund ein Viertel des spezifischen Gewichts von Titan.

 

 

Das Verbundmaterial lässt sich, ähnlich wie Stahl, mittels CNC-Fräsen bearbeiten und in Form bringen. Es lassen sich daraus Gehäuse für Uhren genauso, wie Schreibgeräte oder Schmuckstücke herstellen. Selbst das Fassen von Edelsteinen lässt sich zuverlässig bewerkstelligen.

Die bereits zuvor angesprochene Verknappung von Teilelieferungen durch zur Swatch Group gehörende Lieferanten, allen voran ETA mit Uhrwerken, hat schon allerlei Bewegung in den Markt gebracht. Neben bekannten Alternativherstellern wie Sellita oder neuerdings auch RONDA betritt jetzt auch die Horlogérie Schild mit dem S280 genannten ETA 2824 Klon die Bühne.

 

 

Das S280 ist „Swiss Made“ und wird in Orpund bei Biel gefertigt. Die Hemmungsbaugruppe ist ebenfalls 100% „Swiss Made“ und stammt von einem Zulieferer aus dem Schweizer Jura. Die Qualität des Werkes ist nach Aussage des Herstellers über jeden Zweifel erhaben, besteht es in seiner höchsten Qualitätsstufe doch mühelos die Chronometerzertifizierung.

 

Bild: Das aufwendig dekorierte S280 von der Horlogérie Schild wird zu einem sehr wettbewerbsfähigen Preis angeboten

 

Bild: Die Zifferblattseite des S280 in ebenfalls sehr hochwertiger Ausführung.

 

Bemerkenswert ist auch die bereits in der Grundversion aufwendige Veredelung mit Genfer Streifen auf dem Rotor und feiner Perlage von Brücken und Platinen. Selbst die Schraubenköpfe sind gebläut.

Das verstärkt um sich greifende Thema der Produktpiraterie beschäftigt die Firma AlpVision. Mit Hilfe eines speziellen Verfahrens lässt sich per Smartphone und einer darauf installierten App von AlpVision die Echtheit einer Uhr feststellen. Rolex, eine besonders häufig kopierte Marke leidet seit Kurzem auch darunter, dass nicht nur die äußeren Merkmale perfekt – und selbst für einen Fachmann schwer erkennbar – kopiert werden. Nein, auch vor den aufwendigen Manufakturkalibern machen die Fälscher mittlerweile nicht mehr Halt und kopieren diese in einer Qualität, die der des Originals sehr nahe kommt. AlpVision hat eine Software entwickelt, die, einmal installiert als App auf dem Smartphone, mittels eindeutiger fälschungssicherer optischer Merkmale zwischen „Echt“ und „Fake“ unterscheiden kann.

Die Firma Cornu, bekannt als Hersteller von aufwendigen Schließen für Uhren der Oberklasse, hatte im letzten Jahr eine zum Patent angemeldete Lösung präsentiert, ähnlich dem e-Strap von Montblanc, auf der Unterseite des Uhrbandes eine kleine Elektronik zu integrieren, die als Wearable wichtige Basisfunktionen und Mitteilungen des Smartphones an das Handgelenk überträgt.

 

 

Die Grundidee dabei ist, auch dem Träger einer hochwertigen Luxusuhr die Möglichkeit zu eröffnen, smarte Zusatzfunktionen in möglichst dezenter Form am Handgelenk zu tragen. Im Gegensatz zu der Lösung von Montblanc arbeitet Cornu daran, die Elektronik vollständig und möglichst unauffällig in die Schließe zu integrieren. Ein erstes Funktionsmuster wurde auf der EPHJ dem Publikum vorgestellt.

 

 

Diese erste Generation verfügt noch über kein Display, soll aber in einer weiteren Ausbaustufe ggfs. um eine optische Anzeige erweitert werden.

Einen ähnlichen Weg beschreitet die französische Firma Jean Rousseau. Bekannt als Hersteller exklusiver Uhrbänder für Luxusuhren hat Jean Rousseau die Zusammenarbeit mit Wearatec, einem in Toronto, Kanada, ansässigen Unternehmen aufgenommen, um ebenfalls eine in der Schließe integrierte smarte Lösung auf den Weg zu bringen.

 

 

Das Konzept ist vielversprechend und so angelegt, dass drei unterschiedliche Ausbaustufen,

  • ohne Display,
  • mit kleinem und eine weitere
  • mit einem größeren, gekrümmten OLED-Display

entwickelt werden.

 

 

Das vorgelegte Designmuster wirkte schlüssig, die im Pflichtenheft stehenden und zu realisierenden Funktionen sind durchdacht. Neben den bekannten und nahezu schon als Standard gesetzten Funktionen, arbeitet Wearatec auch daran, eine voll integrierte Bezahlfunktion für das nunmehr auch in Europa stark um sich greifende kontaktlose Bezahlen zu implementieren.

 

 

Cornu, wie auch Jean Rousseau sind als Erstausrüster bei bekannten Premium-Marken gelistet und haben für ihre Lösungen so den entsprechenden Zugang zum Markt. Sehr wohl wird zusätzlich über eine After-Sales Lösung nachgedacht, um auch Kunden zu erreichen, die bereits im Besitz einer mechanischen Luxusuhr sind und diese über den Wechsel des Armbandes mit smarten Zusatzfunktionen aufrüsten möchten.

Last but not Least haben wir noch einen kurzen „Ausflug“ zu den Anbietern von Fertigungsmitteln gemacht. Ob zum Thema “Robotik” am Stand von Firma Fanuc, ob in der optischen Messtechnik am Stand von Keyence oder im Falle von CNC-Bearbeitungszentren an den Ständen von Tornos oder Willemin-Macodel waren herausragende Technologien zu bewundern, die zeigen, dass die vielgepriesene Industrie 4.0 und die damit verbundene Digitalisierung und Vernetzung bereits gelebte Praxis sind.

 

Bild: Uhrengehäuse aufgespannt zur Bearbeitung auf einer hochmodernen Mehrachsen CNC Fräsmaschine von Willemin-Macodel

 

Bild: Automatischer Wechsel des Werkstückes mittels eines Roboters von Fanuc

 

Die hochpräzisen und mit maximaler Effizienz vollautomatisch arbeitenden Fertigungseinrichtungen sollten dem Standort Europa gehörigen Schub verschaffen. Denn weshalb sollte auf einem rund um die Uhr vollkommen autonom laufenden Fertigungszentrum die Herstellung von Gehäusen oder Uhrwerkskomponenten nicht zu vergleichbaren Kosten möglich sein, wie der Zukauf aus Asien. Die ab 2017 geltenden verschärften Regelungen zur „Swiss Made“ Kennzeichnung müssen unter konsequenter Nutzung der auf der EPHJ aufgezeigten und gebotenen Möglichkeiten kostenneutral umzusetzen sein. Das muss das Ziel sein und würde den Schweizer Herstellern hochwertiger Uhren wieder Rückenwind geben, der angesichts der anhaltend rückläufigen Umsätze denn auch dringend nötig wäre.

 

LINKS:

 

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